Haeckel, Charlotte

Charlotte Haeckel an Agnes Haeckel, Potsdam, 28. März 1874

Potsdam 28/3 74.

Liebe Agnes!

Herzlich danke ich Dir für Deinen Brief. Ich hatte großes Verlangen von Euch zu hören, und freue mich Deiner Versicherung, daß Ihr Lieben wieder wohl seid und auch Deine liebe Mutter das Bett hat verlassen können; doch ist mir klar geworden, daß meines lieben Ernstens Kranksein ernster war, als Ihr es mir geschrieben, und das ist nicht recht; Ihr müßt mir immer die reine Wahrheit sagen sonst kann ich ja nie ruhig sein. Nun ist es ja gut, daß es vorüber ist, und ich freue mich mit Dir, auch daß Deine kleine Emma sich erholt. – ||

Sehr freue ich mich auf Ernstens Besuch, wohl wäre es schön gewesen, wenn seine liebe Frau und die Kinder ihn hätten begleiten können, doch dazu ist die Jahreszeit noch nicht angethan; hoffentlich kann zu Pfingsten mein sehnlicher Wunsch in Erfüllung gehn: meine lieben Jenenser vereint bei mir zu sehn; mein Verlangen, den Kindern nicht fremd zu werden ist oft sehr groß; Walter und Lisbeth haben sich wohl sehr verändert, und die kleine Emma kenne ich noch gar nicht. – ||

Hoffentlich erholt sich Ernst hier, er soll nur nicht zu viel sich vornehmen, daß er sich wieder so abhätzt. Dann bitte ich dringend, daß er auf der Eisenbahn zweiter Klasse fährt; dritter könnte er sich wieder gründlich erkälten, da ist immer Zug und viel Tabacksqualm; er darf nicht spaaren wollena was die Gesundheit belangt, und die Kosten der Reise soll er nicht in Anschlag bringen, das ist meine Sache, und ich wünsche sehr, daß er zweiter Klasse fährt und wenn die Eisenbahn von Euch noch nicht geht bis Apolda einen eigenen Wagen nimmt. – ||

Bitte gieb Ernst das alte Röckchen von Lisbet mit.

Vorgestern war ich in Berlin und hörte von meiner Schwester Bertha, daß es Deiner Schwester Marie mit den Kindern gut ginge. –

Gestern hatte ich die Freude Karl mit Frau und Kinder bei mir zu haben, Clara ließ die Esstube reinigen und da hatten sie sich bei mir zu Mittag eingeladen; was mir viel Freude war. Heute wird Anna aus Dresden zurück erwarttet.

Grußb und Kuß Deinen Kindern von

Deiner

Dich herzlich liebenden

Mutter Lotte.

a gestr.: er kann immer; eingef.: spaaren wollen; b korr.: aus: Grüsse

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
28.03.1874
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
A 49026
ID
49026