Goetz, Georg; Haeckel, Ernst et al.

Georg Goetz (Dekan), Ernst Haeckel et al. an Adolf Winkelmann (Prorektor), Jena, 8. August 1906

MINERALOGISCHES U. GEOLOGISCHES

INSTITUT

DER UNIVERSITÄT

JENA.

Magnifice!

Die philosophische Fakultät bittet den Senat ergebenst nachfolgenden Denominationsbericht betr. die Wiederbesetzung der Haeckelprofessur für Geologie und Palaeontologie mit Befürwortung an die hohen Regierungen weiterzugeben.

Herr Professor Dr. Johannes Walther will die Universität zwar erst am 1. Januar verlassen, hat aber für das Wintersemester Urlaub erhalten und es erscheint uns daher dringend erforderlich die Haeckelprofessur schon zu Beginn des Wintersemesters wieder zu besetzen, weil nur dadurch, d. h. durch ununterbrochenen Betrieb die Bedürfnisse der Universität befriedigt werden können. Die Fakultät beantragt ferner den Nachfolger des Herrn Professor J. Walther zugleich mit dem Amt eines Custos der geologischen und paläontologischen Sammlungen zu betrauen, weil dadurch einer-||seits das Interesse der Sammlungen gefördert und andererseits auch das Recht des Haeckelprofessors auf Benützung der betr. Sammlungen zu Lehrzwecken gesichert wird. Herr Professor Haeckel hat sich mit dieser Modifikation ausdrücklich einverstanden erklärt.

Für diese so umgrenzte Stellung schlägt nun die philosophische Fakultät vor

an erster Stelle Herrn Dr. Emil Philippi jetzt Privatdozent in Berlin. Er wurde am 4. Dezember 1871 in Breslau geboren und ist mithin noch nicht ganz 35 Jahre alt. Philippi ist im wesentlichen Schüler von F. Römer, Dames und Benecke und wurdea im Jahre 1895 in Strassburg promoviert; später wurde er Assistent am geologischen Institut der Universität Berlin. Die Stellung hat er aufgegeben, um sich für die deutsche Südpolarexpedition vorzubereiten, deren geologischer Mitarbeiter er geworden ist; eine zeitlang hat er aber einen Teil der Berliner Sammlung noch freiwillig weiter verwaltet. Im Jahre || 1901 hat er sich in Berlin habilitiert, dann die b Expedition in die Antarktis mitgemacht und deren Resultate c bearbeitet. Von allen Kollegen wurde uns Philippi an erster Stelle genannt, indem seine Exactheit in Forschung und Ausdruck hervorgehoben, seine Eigenschaften als Lehrer und Mensch gerühmt wurden. Er ist ganz besonders geeignet, weil er sich vielfach gerade mit der hier auch vorkommenden Trias beschäftigt hat, gleichzeitig Stratigraph, allgemeiner Geologe und Palaeontologe ist und als letzterer ein Kenner auch der fossilen Wirbeltiere ist, was unter den Paläontologen selten vorkommt, für die Haeckelprofessur aber gerade besonders erwünscht ist. Seine Arbeiten sind im wesentlichen folgende: Siehe Beilage.

Wegen mangelnder Vielseitigkeit und Mangel an Kenntnissen der fossilen Wirbeltiere nicht so warm empfehlen können || wir an zweiter Stelle Herrn Dr. Fr. Drevermann jetzt am Senkenbergischen Institut in Frankfurt am Main als Custos der geologischen und paläontologischen Sammlung. Er wurde am 15. Februar 1875 in Battenberg in Hessen geboren und [ist] somit etwas mehr als 30 Jahre alt. Drevermann ist ein Schüler von E. Kayser in Marburg, hat auch dort im Jahre 1901 promoviert, war dann wiederd Assistent am geologischen Institut und habilitierte sich dort im Jahre 1903. Im vorigen Jahre wurde er als Assistent und Dozent an das Senkenbergische Institut in Frankfurt berufen. Seine Arbeiten werden von den Sachverständigen als sehr hübsch bezeichnet. Er ist wesentlich Stratigraph und Palaeontologe, hat sich aber als solcher nur mit Wirbellosen beschäftigt. Seine Befähigung läßt es aber für wahrscheinlich erachten, daß er sich auch auf dem Gebiete der Wirbeltiere bald heimisch machen wird. Die Schüler von Kayser sind im allgemeinen als exakte Forscher und gute Kenner des Palaeozoicums bekannt. Die || Arbeiten Drevermanns sind im wesentlichene folgende: Siehe Anlage.

An dritter Stelle endlich nennen wir Herrn Dr. Hans Stille zurzeit Privatdozent in Berlin und Bezirksgeologe an der preussischen geologischen Landesanstalt. Er wurde geboren am 8. Oktober 1876 zu Hannover und ist demnach jetzt 30 Jahre alt. Stille ist ein Schüler von v. Koenens und gilt als sehr begabt und fleißig. Er promovierte 1899 in Göttingen, war eine zeitlang Assistent am dortigen geologischen Institut undf wurde dann Hilfsgeologe ang der preussischen geologischen Landesanstalt h. Seit kurzer Zeit ist er zum Bezirksgeologen vorgerückt. Im Jahre 1904 hat er sich in Berlin an der Universität habilitiert. Seine Arbeiten sind gut und zahlreich, beschäftigen sich aber mehr mit Stratigraphie als mit Palaeontologie, so daß man sagen muß, daß er von den drei vorgeschlagenen Herren in Palaeontologie am wenigsten || bewährt ist, aber seine großei Begabung und sein rastloser Fleiß werden in diese Lücke wohl bald ausfüllen lassen. (Arbeiten siehe Beilage.)

Wir wiederholen nochmals ausdrücklich, daß uns Philippi in jeder Hinsicht als weitaus geeignetste Candidat erscheint.

Goetz, d. Z. Decan

Linck | Stahl | Ernst Haeckel

a gestr.: hat; eingef.: wurde; b gestr.: Valdivia; c gestr.: z. T. gemeinsam mit Murray; d eingef.: wieder; e korr. aus: Wesentlichen; f eingef.: war eine zeitlang …zoologischen Institut und; g gestr.: Mitarbeiter; eingef. Hilfsgeologe an; h gestr.: und ; i eingef.: große

 

Letter metadata

Empfänger
Datierung
08.08.1906
Entstehungsort
Entstehungsland
Zielort
Jena
Besitzende Institution
UAJ
Signatur
UAJ, M 624, Bl. 79r–81v
ID
47901