Haeckel, Ernst

Ernst Haeckel an Gottlob Linck, Jena, 31. Januar 1913

An Seine Magnifizenz

Herrn Geheimerat Prof. Dr. Linck

d. Z. Prorector der Univ. Jena

Jena 31. Januar 1913.

Magnifice!

Der Aufforderung Ew. Magnifizenz (Reg. Nr. 597) entsprechend habe ich die Stiftungsurkunde der am 30. Juli 1912 gegründeten „Ernst-Haeckel-Stiftung“, – unter Zuziehung einiger nächst beteiligter Kollegen – nochmals einer gründlichen Prüfung und Vereinfachung unterzogen. Sodann habe ich gemeinsam mit dem Kurator der Universität, Herrn Geheimen Staatsrat Dr. Vollert, am 22. Januar 1913 den Wortlaut der endgültigen Stiftungsurkunde in 9 Sätzen festgestellt. In Satz 5 dieser Ihnen vorliegenden Urkunde ist die Einsetzung eines aus drei Mitgliedern bestehenden Kuratoriums bestimmt, welches bereits in Satz 10 der Mitteilung vom 30. Juli v. J. in Aussicht genommen, in dem Bericht vom 28. October v. J. At erwähnt war. Die Kontrolle über die Verwendung des Stiftungs-Ertrages durch dieses Kuratorium ist namentlich für die spätere Zukunft, für welche noch beträchtliche Vermehrung des Stiftungskapitals in Aussicht steht, von Wichtigkeit.

Mit vorzüglicher Hochachtung

ergebenst

Pr. Dr. Ernst Haeckel. ||

[Beilage: Stiftungsurkunde der Ernst-Haeckel-Stiftung]

Jena, den 22. Januar 1913

Stiftungsurkunde.

1.

Ein Freund und früherer Schüler, der nicht genannt sein will und sich als „amicus veritatis“ bezeichnet, hat mir zur Begründung einer „Ernst Haeckel-Stiftung“ ein Kapital von

36.000 M

(sechsunddreißig tausend Mark)

zur Verfügung gestellt.

Ich überweise hiermit diesen Betrag der Universität Jena als deren Eigentum.

2.

Das Kapital soll nach den für die Verwaltung des Universitätsvermögens bestehenden Vorschriften verwaltet werden.

Die Wertpapiere, in denen das Kapital angelegt ist, sollen unter der Bezeichnung „Ernst Haeckel-Stiftung“ abgesondert verwahrt werden.

3.

Die Zinsen des Kapitals sollen zur Förderung der Entwicklungslehre Verwendung finden.

4.

Für meine Lebenszeit behalte ich mir vor, über die Verwendung der Zinsen selbst Entschließung zu fassen.

5.

Nach meinem Tod soll darüber ein Kuratorium befinden, welches aus dem jeweiligen Universitätskurator sowie den jeweiligen Ordinarien der Zoologie und Anatomie der Universität || Jena bestehen soll.

6.

Als die nächste Aufgabe, der die Ernst Haeckel-Stiftung dienen soll, soll die Abfassung und Veröffentlichung einer Geschichte der Entwicklungslehre betrachtet werden, für welche meine (seit 50 Jahren gesammelten und im Phyletischen Archiv hier niedergelegten) literarischen Dokumente ein sehr reichhaltiges und in seiner Art einziges Material liefern.

7.

Für diese Arbeit soll einer meiner Schüler, der mit den betreffenden Verhältnissen und Aufgaben genau bekannt ist, zunächst auf acht Jahre vom 1. Januar 1913 ab gegen eine aus dem Zinsertrag der Stiftung zu zahlende Vergütung von 1200 M jährlich angenommen werden.

8.

Etwaige weitere Zuwendungen, welche der Stiftung werden gemacht werden, sowie der jeweilige nicht gebrauchte Rest des Zinsertrags der Stiftung sollen dem Kapital zugeschlagen werden.

Es soll jedoch gestattet sein, für bestimmte Zwecke grössere Mittel nach und nach anzusammeln.

9.

Falls das Kapital durch Verlust verringert werden sollte, soll zunächst die Wiederergänzung erfolgen.

gez. Ernst Haeckel

Jena, 22. Januar 1913.

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
31.01.1913
Entstehungsort
Entstehungsland
Zielort
Jena
Besitzende Institution
Universitätsarchiv Jena
Signatur
UAJ, BA 1585, 92r; 95r-96r
ID
47774