Haeckel, Ernst

Ernst Haeckel an den Präsidenten des Deutschen Monistenbundes, Jena, 10. Juli 1907

Jena, den 10.07.1907.

An den Herrn Präsidenten und die Herren Ausschussmitglieder des „Deutschen-Monisten-Bundes“

Hochgeehrte Herren!

Im Laufe der letzten Monate sind mir zahlreiche Zuschriften von Mitgliedern unseres Monisten-Bundes, – insbesondere auch von mehreren Ausschussmitgliedern – zugegangen, in denen Vorschläge zur zweckmäßigerer Organisation und weiterer Förderung des Bundes, sowie zur Hebung vorhandener Uebelstände gemacht werden; dabei werde ich selbst oft zur direkten persönlichen Mitarbeit und Initiative an diesen Aufgaben ersucht.

Als ich vor zwei Jahren durch die Mitteilung überrascht wurde, dass ich bei Gründung des Deutschen Monistenbundes zu dessen „Ehren-Präsidenten“ erwählt worden sei, habe ich zwar diese Ehrung im Interesse unserer guten Sache angenommen, und in der Hoffnung, damit die Entwicklung des Monismus zu fördern. ich habe aber zugleich erklärt, dass mir mein hohes Alter und meine schwankende Gesundheit eine aktive persönliche Mitarbeit an der Organisation und dem Ausbau des Bundes nicht gestatten, abgesehen davon, dass mein Mangel an praktischer Begabung und an Organisationstalent mich dazu ungeeignet macht.

Die Resignation, die mir dadurch auferlegt ist, muss ich gegenwärtig um so mehr betonen, als meine knapp zugemessene || Zeit in stetig wachsendem Masse durch eine höchst ausgedehnte Correspondenz und durch dringende persönliche Angelegenheiten in Anspruch genommen wird.

Ich muss daher um Ihre Nachsicht bitten, wenn ich auch fernerhin mich jeder Einmischung in die inneren Angelegenheiten des Monistenbundes enthalte und insbesondere auf die vielen einzelnen, an mich gerichteten Fragen und Wünsche (– die sich oft direkt widersprechen –) keine Antwort erteile; meistens fehlt mir dazu die erforderliche Personen- und Sachkenntnis. Dass ich im Uebrigen die Interessen unseres Bundes nach besten Kräften vertrete – soweit es mir möglich ist, versteht sich von selbst. Ich kann nur wünschen, dass die vielen tüchtigen jüngeren Kräfte, die sich jetzt unseren Aufgaben widmen, in besonnener und einträchtiger Wirksamkeit zum Wachstum und Gedeihen des Bundes erfolgreich beitragen.

Indem ich Ihnen meinen aufrichtigen Dank für das mir entgegengebrachte Vertrauen wiederhole, bleibe ich mit besten Wünschen für glückliche Entwicklung des Bundes

Hochachtungsvoll

Ihr ergebener

Ernst Haeckel.

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
10.07.1907
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
unbekannt
Signatur
EHA Jena, A 47760
ID
47760