Delbrück, Berthold

Berthold Delbrück (Dekan) an die philosophische Fakultät der Universität Jena, Jena, 10. August 1881

Senior venerande!

Assessores gravissimi!

Hiermit lege ich Ihnen den Bericht in der Angelegenheit der Promotionsordnung, den ich durchaus nach den Wünschen des Herrn Senior umgeschrieben habe, von Neuem vor, in der Hoffnung, daß derselbe nunmehr Ihre Billigung finden wird.

Jena, 10. Aug. 1881

B. Delbrück

d. Z. Dec.

Decane maxime spectabilis!

Zunächst handelt es sich bei unserem Bericht nur darum von der Regierung zu verlangen, daß die Facultät zu einer gutachterlichen Äußerung über etwaige Veränderungen des Statuts aufgefordert werde, während alle bezüglichen sachlichen Fragen der späteren Berathung in der Facultät vorbehalten bleiben. Da der vorliegende Bericht diesem Verlangen vollkommen Rechnung trägt, bin ich mit demselben ganz einverstanden.

Snell

Nach der jetzigen Fassung mit dem Berichte einverstanden.

Stickel

EbensoE. E. Schmid

- A. Geuther

- Haeckel

- Eucken, mit dem Wunsche, dass wenn der Bericht, wie zu hoffen, einstimmig angenommen wird, dies ausdrücklich angeführt werde.

- Goetz

- Thomae ||

P. P.

Durch das Rescript vom … sind der philosophischen Fakultät gewisse a auf das Promotionswesen bezügliche Normen vorgeschrieben worden, während gleichzeitig die juristische Fakultät zu einerb gutachtlichen Äußerung in der nämlichen Richtung veranlaßt worden ist.

Die philosophische Fakultät glaubt nicht verschweigen zu dürfen, daß sie sich durch c diese Art des Vorgehens verletzt fühlt, und zwar um so empfindlicher, als eine d bei wesentlich gleicher Sachlage so verschiedene Behandlung zweier Fakultäten nicht verfehlen konnte, innerhalb des Senates und unter allen Mitgliedern der Universität ein bedeutendes und die Ehre der philosophischen Facultät tief verletzendese Aufsehen zu erregen.

Unter diesen Umständen glaubt die philosophische Fakultät eine Pflicht zu erfüllen, wenn sie die zuversichtliche Erwartung ausspricht, der Fakultät werde die nothwendig gewordene Ehrenrettung nicht versagt, sondern dieselbe ebenso wie die juristische zu einer gutachtlichen Äußerung über die besagten Änderungen der Promotionsordnung aufgefordert werden.fg ||

Ich möchte mir erlauben, außer der obigen Einfügung in dem vorliegenden Bericht noch einen weiteren Zusatz, resp. Veränderung, zu beantragen. In dem anliegenden Protocoll des Fakultätsconsesses ist gesagt, daß die Facultät beschlossen habe, bei der Regierung Beschwerde zu führen über den von ihr beliebten modus procedendi in den Promotionsangelegenheiten. Diese Beschwerdeführung kann sich meiner Meinung nach nicht darauf beschränken, an die Regierung die Frage zu richten, durchh welche Gründe sie zu einer so ungleichen Behandlung beider Facultäten bestimmt worden sei. Denn da die Regierung auf actenmäßige Untersuchungen sich nicht berufen kann, und da wohl anzunehmen ist, daß sie über die eigentlichen Gründe ihrer Handlungsweise mit der Wahrheit nicht herausrücken will, und auch füglich nicht kann, so bereiten wir durch unsere Frage der Regierung eine Verlegenheit, was die Machthaber gegenüber immer mißlich ist, i weil es ihm fast keinen anderen Ausweg übrig läßt, als einfach seine plumpej Macht fühlen zu lassen, und so dürften wir statt einer eingehenden Antwort auf unsere Frage eine kurze nichtssagende, wenn nicht gar schnöde Abfertigung zu gewärtigen haben.

Ich bin daher der Meinung, daß die Beschwerde über den besagten modus procedendi in dem Sinne zu führen sei, daß die zuversichtliche Erwartung ausgesprochen werde, die Regierung werde der Facultät die nothwendig gewordene Ehrenrettung nicht verweigern, und dieselbe ebenso wie die Juristenfacultät zur Vernehmlassung über die etwa nöthigen Modificationen des Statuts auffordern. Snell ||

Es ist ausdrücklich in der Facultätssitzung auf Antrag des Herrn Collegen Hofrath Moritz Schmidt beschlossen worden, daß im Berichte auch der Antrag gestellt werde, die Ministerien möchten unsere Fakultät erst noch über diese Angelegenheit hören und sich vernehmen lassen. k Dieses istl nicht in das Protocoll aufgenommen m, das Protocoll istn unvollständig. Hr. College M. Schmidt wird meine Angabe bestätigen. – Jenem Beschluss ist in dem Schreiben noch Ausdruck zu geben. – Wie so ganz anders haben doch die Herren Juristen die Sache selbst, mit der unsrigen ganz die gleiche, besonders das Nichtgedrucktwerden der Dissertationen vertreten! | Stickel

Der Wortlaut des Entwurfs scheint mir nicht nachdrücklich genug darauf hinzuweisen, daß nicht blos das Ehrgefühl, sondern auf das Rechtsgefühl der Facultät empfindlich gekränkt ist durch Entziehung eines so beträchtlichen Theils ihrer Autonomie. | E. E. Schmid

Wie der Herr Senior; um so mehr, als das „Fragen nach den Gründen“, wie ich mich wohl erinnere, da gerade ich es vorschlug, ziemlich allseits u. in der That mit Recht bekämpft wurde. | A. Schmidt

Wie der Herr Senior | A. Geuther

Mit Bezug auf den Druck und die Werthschätzung der Doctor-Dissertationen überhaupt entspricht das von der juristischen Facultät abgegebene Votum ganz meinen Anschauungen und ich hätte für zweckmäßig erachtet, daß unsere Facultät sich im gleichen Sinne äußere. Erfahrungsgemäß beschränkt sich der Nutzen der gedruckten Dissertationen auf den Drucker u. den Papierhändler. Im Übrigen wie der Herr Senior. | Haeckel

Ebenso | Moriz Schmidt ||

Ich bin selbstverständlich bereit mich an einer energischen Beschwerde zu betheiligen, falls diese sich auf die Art des Vorgehens von Seiten der Regierung beschränkt. Sollte sich dieselbe aber als ein Versuch darstellen, die wesentlichen Bestimmungen des Regierungserlasses selber zu bekämpfen, so würde ich zu meinem großen Bedauern mich nicht betheiligen können. Die Frage nach den Gründen scheint mir weniger bedenklich als dem verehrten Herrn Senior, es wäre doch wenigstens möglich, daß die Regierung eine wirkliche Antwort gebe, welche im Stande wäre, die vermutheten geheimen Gründe entweder darzulegen oder als nicht vorhanden zu erweisen. Beides wäre als Gewinn zu betrachten. | Goetz

Thomae

(Nach der nun veränderten Fassung bin ich mit dem Berichte einverstanden. | Stickel 11/8 81.)

P. P.

Durch das Rescript vom 23. sind der philosophischen Fakultät gewisse auf das Promotionswesen bezügliche Normen vorgeschrieben worden, während gleichzeitig die juristische Fakultät zu einer gutachtlichen Äußerung in der nämlichen Richtung veranlaßt worden ist.

Die philosophische Fakultät glaubt nicht verschweigen zu dürfen, daß sie sich durch diese Art des Vorgehens verletzt fühlt, und zwar um so empfindlicher, als eine bei wesentlich gleicher Sachlage so verschiedene Behandlung zweier Fakultäten nicht verfehlen konnte, innerhalb des Senates und unter den übrigen Mitgliedern der Universität ein bedeutendes und die Ehre der philosophischen Fakultät schädigendes Aufsehen zu erregen.

Unter diesen Umständen glaubt die philosophische Fakultät eine Pflicht zu erfüllen, wenn sie einem hohen Ministerium gegenüber die zuversichtliche Erwartung ausspricht, der Fakultät werde die nothwendig gewordene Ehrenrettung nicht versagt, sondern dieselbe ebenso wie die juristische zu einer gutachtlichen Äußerung über die besagten Änderungen der Promotionsordnung aufgefordert werden.

An das Weimarische Staatsministerium durch Vermittelung der Curatel

Dazu noch eine Abschrift für den Senat, der Abschriften erhalten soll

a gestr.: Normen; b eingef.: einer; c gestr.: dieses Vorgehen das; d gestr.: so; e eingef. von Carl Snell: und unter allen … tief verletzendes; f gestr. Einfügung von Johann Gustav Stickel: w. zu ändern: mit dem Antrage wendet, die unterzeichnete Fakultät ebenso wie die juristische zu einer gutachtlichen Äußerung über etwa vorzunehmende Statutenänderungen auffordern zu wollen; eingef. von Berthold Delbrück: die zuversichtliche Erwartung …aufgefordert werden; g gestr. ursprünglicher Text: sich an ein hohes Ministerium mit der Frage wendet, welche Gründe dieses für die philosophische Fakultät so peinliche Vorgehen veranlaßt haben. Indem die Fakultät einer geneigten Beantwortung dieser Frage entgegensieht u.s.w.; h eingef.: durch; i gestr.: was; j eingef.: plumpe; k gestr.: Sollte; l eingef.: ist; m gestr.: sey, so ist; n eingef.: ist

 

Letter metadata

Gattung
Datierung
10.08.1881
Entstehungsort
Entstehungsland
Zielort
Jena
Besitzende Institution
UAJ
Signatur
UAJ, M 474, Bl. 72r-76r
ID
47439