Missiv des Dekans der philosophischen Fakultät, Ernst Haeckel, Jena, 20. Februar 1872
Senior venerande!
Assessores gravissimi!
Herr Richard Stolzenburg, ordentlicher Lehrer am Gymnasium zu Potsdam, 28. Jahre alt, bewirbt sich um die Promotion in absentia. Derselbe hat 3 ½ Jahre in Berlin Mathematik und Naturwissenschaften studirt und hierauf ebendaselbst die Prüfung pro facultate docendi bestanden. In derselben erhielt er ein Zeugniß zweiten Grades, mit der Befähigung, Mathematik und Physik durch alle Klassen eines Gymnasiums und einer Realschule, Botanik und Zoologie in den unteren und mittleren und Französisch in den unteren Klassen zu lehren. Die vorgelegte Abhandlung „über eine Fadenconstruktion der Ellipse“ ersuche ich Herrn Collegen Snell zu beurtheilen.
Hochachtungsvoll
Jena den 20. Febr. 1872
Haeckel
d. Z. Decan
Decane maxime spectabilis
Die Abhandlung stellt ein construktiv-geometrisches Theorem über die Ellipse auf, welches meines Wissens neu ist. An der Ausführung und Ableitung ist allerdings mancherlei zu tadeln, namentlich, daß die Methoden, welche der Verfasser anwendet, übermäßig umständlich und schwerfällig sind. Indessen ist das aufgestellte Theorem an sich betrachtet interessant genug, um die Abhandlung als druckwürdig erscheinen zu lassen. Nur wünschte ich, daß Ew. Spect. den Verfasser veranlaßte, den ganz unangemessenen Titel, welcher ein falsches und ungünstiges Vorurtheil zu erwecken geeignet ist, fallen zu lassen, und sowohl für den Titel als für die Einleitung eine Einkleidung zu wählen, welche den eigentlichen Inhalt, auf den es ankommt, nämlich die Bestimmung einer Ellipse durch die Summe eines Ellipsenbogens und zweier Tangenten, besser und deutlicher bezeichnet.
Snell
Für die Promotion und die von Herrn Collegen Snell
beantragten Aenderungen. Stickel
- Nipperdey
- E. E. Schmid
- K. Fischer
- A. Schmidt
- A. Geuther
- Moriz Schmidt
- C. Bursian.
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Beschluß: Promoveatur!
Hkl