Missiv des Dekans der philosophischen Fakultät, Ernst Haeckel, Jena, 15. Februar 1872
Senior venerande!
Assessores gravissimi!
Herr Ferdinand Stitz, Literat in Wien, 45 Jahre alt, bewirbt sich um die Promotion in absentia. Derselbe hat vier Jahre in Wien Medicin studirt, aber keinerlei Prüfung bestanden. Er will daran durch ein Augenübel verhindert worden sein. Dagegen will er sich seit jener Zeit – seit 18 Jahren – mit literarischen Arbeiten beschäftigt haben; über die Art derselben liegt nicht der geringste Nachweis vor. Die eingesandte Abhandlung: „Philosophische Betrachtungen über die politischen und sozialen Verhältnisse und Zustände in Europa“ erhebt sich nicht über den Rang eines Zeitungs-Artikels. Als Zeugniß einer wohlbestandenen Staatsprüfung will der Petent sein akademisches „Austritts-Zeugniß aus den philosophischen Studien“ (vor Antritt der medicinischen!) angesehen wissen. Da dasselbe unseren Anforderungen nicht entspricht, werden wir den Petenten abweisen müssen.
Hochachtungsvoll
Jena 15. Februar 1872.
Haeckel
d. Z. Decan ||
Decane maxime spectabilis.
Brevi manu abzuweisenSnell
EbensoStickel
- Nipperdey
- E. E. Schmid
- K. Fischer
- A. Schmidt
- Moriz Schmidt
- A. Geuther
- C. Bursian
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Beschluß: Abweisung
Hkl