Bartholomäus von Carneri an Ernst Haeckel, Marburg an der Drau, 27. Oktober 1899
Marburg 27. X. 99.
Innigstgeliebter und verehrter Freund!
Diese Zeilen haben Sie mit meinem letzten Brief in Jena vorzufinden, weil ich Ihnen nicht früh genug für Ihren lieben, guten Römerbrief danken kann, den ich sammt Einschluß gleich an Frl. delle Grazie gesendet, die ihn auch bereits erhalten hat. Mit der Nachricht über Ihr Befinden haben Sie mir einen schweren Stein vom Herzen genommen, und hoffentlich thut || Lehnbach sein Möglichstes u. kommen Sie glücklich und mit dem Befinden Ihrer Lieben ziemlich zufrieden nach Hause.
Soweit ich Ihr Buch kenne, von dem ich mir doch, soweit ich kann, einen Gesammtüberblick verschaffen will, finde ich es rein bezaubernd, und ich kann nicht glauben, daß ein Haar, das ich darin finden sollte, das Geringste an seinem Werth ändern würde. Noch hab’ || ich dieses Haar nicht gefunden. Finde ich es, so leg’ ich es Ihnen mit meiner gewohnten Aufrichtigkeit vor, aber mit dem Bewußtsein, dabei größtentheils zu reden wie der Blinde von der Farbe. Möchte der Enderfolg entsprechen dem Anfangserfolg! Niemand kann es Ihnen herzlicher wünschen als
Ihr
treuergebener
B. Carneri