Ernst Haeckel an Rudolf Straubel, Jena, 10. Juni 1918
Herrn Professor Dr. R. Straubel
Jena 10. Juni 1918.
Hochgeehrter Herr Kollege!
Heute machte mir unser Kollege, Herr Professor Rosenthal (– der die ganze vorige Woche im Landtage zu Weimar arbeitete und eingehend mit Herrn Staatsminister Dr. Rothe conferierte −) die erfreuliche Mitteilung, dass der Letztere ganz einverstanden ist mit unserem am 29. Mai mündlich besprochenen Projekte:
Die „Carl-Zeiss-Stiftung“ erwirbt meinen hiesigen Grundbesitz, die „Villa Medusa“ mit Garten und einem Teile des Inventars, auch der wertvollen Kunstsammlung und Bibliothek etc., käuflich und entschädigt durch den Kaufpreis meinen Sohn, dem sie ursprünglich testamentarisch zugedacht war. Die Carl Zeiss Stiftung übergiebt dann die Villa, in Verbindung mit den Sammlungen des Phyletischen Archivs, der Universität Jena – als bleibendes „Haeckel Archiv“ – als Geschenk. Der bisherige Archivar, Dr. Heinrich Schmidt, wird besoldet aus der akademischen „Ernst-Haeckel-Stiftung“. ||
Über alle Einzelheiten des Vertrages, der zwischen der „Carl-Zeiss-Stiftung“ und mir abzuschließen sein wird, werden wir uns leicht mündlich verständigen. Es wird gut sein diese offizielle Vereinbarung bald festzulegen, nachdem der Herr Staatsminister Dr. Rothe (– in nächster Zeit –) die Räume der Villa Medusa besichtigt und meine bezüglichen Vorschläge mit mir besprochen hat. Meine Gesundheit und Arbeitskraft nimmt neuerdings (mit 84 Jahren) so ab, dass ich nur noch mit wenigen Monaten Lebenszeit rechnen kann.
Heute muss ich mich darauf beschränken, Ihnen meinen herzlichsten Dank zu wiederholen für Ihr freundliches Wohlwollen, und für ihre weitsichtige Auffassung der hohen Kultur-Aufgaben, welche das neue „Haeckel-Archiv“ als ein originelles selbstständiges Organ unserer teuren Universität Jena zu erfüllen haben wird.
Mit besten Grüßen und der Versicherung
vorzüglicher Hochachtung
Ihr ergebenster
Ernst Haeckel. ||
Herrn
Professor
Dr. Rudolf Straubel
Botz-Str. 10
Jena