Peyer, Willy

Willy Peyer an Ernst Haeckel, Jena, 18. März 1909

Jena den 18. III. 09.

Ew. Exzellenz!

Ich gehorsamst Unterfertigter erlaube mir, mich um das von Ew. Exzellenz zu vergebende Stipendium für Naturwissenschaften zu bewerben. – In Folgendem will ich mein Gesuch begründen.

Als Sohn eines Landwirtes und vom Vater dazu angeregt, hatte ich schon von Kindheit an den sehnlichen Wunsch, Naturwissenschaften zu studieren. Da die wirtschaftliche Lage meines Vaters sehr schlecht war, so konnte ich die Schule nicht bis zur Reifeprüfung besuchen, sondern mußte vorher abgehen, und um bald etwas zu verdienen, Angestellter werden. Seit Ostern 1906 || habe ich hier meinem Studium obgelegen und als Lohn für fleißige Arbeit im Juni vorigen Jahres im Staatsexamen als einziger eine I. erhalten. Da mein Vater schon zu Beginn meines Studiums genötigt war, seine Pachtung aufzugeben, haben mich Verwandte bis hierher unterstützt und wollen es auch noch weiter tun.

Ich will nun den Titel eines Dr. phil. erwerben. Als Hauptfach habe ich Botanik erwählt und von Prof. Stahl auch die Arbeit erhalten. Da ich nun von dem von meinen Verwandten bewilligten Wechsel nicht leben kann und auch von Deutschen Apothekerverein, der mir einmal 200 M. gegeben hat, keine Hilfe mehr bekommen kann, so bin ich in großer Not und würde Ew. Exzellenz zu größtem Danke verpflichtet sein, wenn ich das Stipendium bekäme, das ich eventuell später an die Universität zurückzuzahlen bereit bin. Über meine Leistung und Führung geben beiliegende Zeugnisse Aufschluß, auch wird Herr Prof. Stahl, der mich und || und meine wirtschaftliche Lage genau kennt, darüber Auskunft geben.

Meine Lebensbedürfnisse sind die denkbar einfachsten und ich versichere auch noch, daß ich keine Schulden habe, −

Ich würde Ew. Exzellenz zu allergrößtem Dank verpflichtet sein, wenn ich bei der Verteilung des Stipendiums berücksichtigt werden könnte und dadurch der Sorge enthoben würde, mein mir so lieb gewordenes Studium unvollendet aufgeben zu müssen.

Ew. Exzellenz

gehorsamster und ergebenster

Willy Peyer

cand. phil.

Jena, Jahnstr. 25 II

[egh. Vermerk Ernst Haeckels am oberen linken Rand]

Jena 9. 4. 09.

Verliehen die Hälfte des „Mende-Stipendiums“

300 Mk.

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
18.03.1909
Entstehungsort
Entstehungsland
Zielort
Jena
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
A 46671
ID
46671