Harnier, Eduard von

Eduard von Harnier an Ernst Haeckel, Frankfurt am Main, 10. Mai 1886

JUSTIZRATH DR. EDUARD VON HARNIER

NEUE MAINZER 53

FRANKFURT A. M.

den 10. Mai 1886

Herrn Professor Dr. Ernst Haeckel

Jena.

Sehr geehrter Herr Professor!

Ueber den Inhalt Ihrer geehrten Zuschrift von Jena, für welche ich Ihnen meinen besten Dank ausspreche, habe ich mich sehr gefreut. Nachdem mir demnächst Herr von Ritter am 7. cr. seine Absicht bestätigt hatte, der Universität Jena alsbald eine Schenkung von 130.000 zuzuwenden, habe ich demselben eine Stiftungsurkunde entworfen, von welcher ich Ihnen beigeschlossen Abschrift mit der Bitte ergebenst zugehen lasse, mir gefälligst mitzutheilen, ob Sie Ihrerseits mit dem Inhalte derselben einverstanden sind. Der Einfachheit halber lasse ich untenstehend Abschrift des Briefes folgen, mit welchem ich den Entwurf der Stiftungsurkunde dem Herrn von Ritter übersandt habe. Sobald ich sowohl von diesem, als von Ihnen die Zustimmungserklärung erhalten habe, wird es am einfachsten sein, wenn ich die Urkunde dem Referenten im Großherzoglich Sächsischen Staatsministerium Herrn Ministerialdirektor Dr. Guyet zu Weimar im Auftrag des Herrn von Ritter direct mit der Bitte unterbreite, der Stiftung die Genehmigung der Staatsregierung zu erwirken und die Schenkung gerichtlich insinuiren zu lassen.

Hinsichtlich der der Universität Jena Seitens des Herrn von Ritter weiter zugedachten M 170.000 läßt sich zur Zeit volle Sicherheit nicht erwirken, bzw. ein weiterer Schritt nicht thun; ich zweifle aber nicht im Mindesten daran, daß der Schenkgeber und Testator bei seiner beabsichtigten Zuwendung an Ihre Universität im vollen Betrage verharren wird, werde meinerseits denselben eintretenden Falls in dieser Absicht so viel als thunlich || bestärken. – Schließlich spreche ich Ihnen meine große Freude darüber aus, bei dem ohnehin erfreulichen Anlaß das Vergnügen gehabt zu haben, Ihre persönliche Bekanntschaft zu machen und einige muntere und anregende Stunden mit Ihnen zu verleben. Falls Sie wieder nach Frankfurt kommen sollten, rechne ich darauf, daß Sie wiederum bei mir vorsprechen werden. Meiner Tochter, welche zur Zeit verreist ist, habe ich nicht verfehlt, mitzutheilen, daß Sie sich auch ihrer freundlich erinnern.

Zu Ihrem fünfundzwanzigjährigen Docentenjubiläum erlaube ich mir, Ihnen meinen aufrichtigen Glückwunsch nachträglich auszusprechen.

Dem Verlauf der interessanten Goethefeier zu Weimar bin ich mit vielem Interesse gefolgt und dabei auch Ihrem Namen begegnet.

In der Hoffnung, daß unsere Angelegenheit recht bald zum glücklichen Ende geführt werde, zeichne ich in vorzüglicher Hochachtung

Ihr ergebenster

Eduard Harnier.

[Beilage: Eduard von Harnier an Paul von Ritter, Abschrift:]

Herrn Paul von Ritter

Basel

Sehr geehrter Herr v. Ritter!

Mit großer Freude habe ich aus Ihrer geehrten Zuschrift vom 7. c. Ihren hochherzigen Entschluß ersehen, schon jetzt der Universität Jena eine Schenkung unter Lebenden machen zu wollen, welche Ihren Namen tragen und diejenige Wissenschaft in so schöner Weise fördern soll, welcher Sie Ihr besonderes Interesse zugewandt haben.

Ihrem Wunsch entsprechend unterbreite ich Ihnen den von mir redigirten Entwurf der Stiftungsurkunde zur geneigten Prüfung und Genehmigung, und bemerke zu demselben 1) daß ich absichtlich vermieden habe, darin anzudeuten, daß Sie die Absicht haben, letztwillig weiter zu Gunsten des Stiftungszwecks zu verfügen. Letztwillige Verfügungen und Schenkungen unter Lebenden sind juristisch ihrem Wesen nach so verschieden, daß es besser ist, bei der dermalen ins Leben tretenden Stiftung nicht zu erwähnen, daß Sie die, bis zu Ihrem Ableben jederzeit, wenn Sie wollen, zu ändernde oder zurückzunehmende Absicht haben, die Stiftung noch durch ein Legat zu vermehren.

2) daß ich die Verfügung des Ordinarius der Zoologie über die Zinsen des Stiftungskapitals nur von der Genehmigung der Staatsregierung nicht aber auch von der des Senats abhängig gemacht habe. Hätte auch der Senat d. h. die Gesamtheit der ordentlichen Professoren mitzureden, so könnte leicht die Absicht, welche Sie durch Ihre Stiftung verwirklichen wollen, hintertrieben oder doch wenigstens beschränkt und erschwert werden. Ich halte die Genehmigung der Staatsregierung für eine durchaus ausreichende Controle.

Der Uebergabe der Werthpapiere d. h. dem Vollzug der Stiftung hat die Genehmigung derselben durch die Sächsische Staatsregierung zuvorzugehen und werde ich, sobald dieselbe erfolgt ist, den Entwurf der Quittung ausfertigen.

Acceptation und gerichtliche Insinuation sind absolut erforderliche Formvorschriften.

Die Aenderung bzw. der Nachtrag zu Ihrem Testamente hätte folgendermaßen zu lauten: ||

Nachdem ich der Universität Jena von den ihr zugedachten M 300.000 bereits den Betrag von M 130.000 als Schenkung unter Lebenden zugewandt habe, welche unter dem Namen Paul von Ritter‘sche Stiftung für phylogenetische Zoologie verwaltet werden, so reducire ich hierdurch das derselben letztwillig von mir bestimmte Kapital auf die Summe von Mark Hundertsiebenzig Tausend (M 170.000) und verordne, daß diese M 170.000 zur Vermehrung des im Leben der Universität Jena von mir geschenkten Stiftungskapitals dienen und den gleichen Bedingungen unterliegen sollen, wie dieses.

Ehe Sie die Stiftungsurkunde selbst ausfertigen, muß dieselbe auch von Jena aus gutgeheißen werden und ersuche ich Sie deshalb ergebenst mir gefälligst mittheilen zu wollen, ob Sie mit dem Inhalte derselben einverstanden sind oder welche Aenderungen derselben Sie wünschen, damit ich dieselbe demnächst dem Herrn Professor Haeckel mit der Anfrage vertraulich vorlegen kann, ob dieselbe so wie abgefaßt die Genehmigung der Regierung erhalten würde.

p. p.

 

Letter metadata

Empfänger
Datierung
10.05.1886
Entstehungsort
Entstehungsland
Zielort
Jena
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
A 46611
ID
46611