Linck, Gottlob

Gottlob Linck, Prorektor, an die Dozenten und Beamten der Universität Jena, Jena, 26. März 1897

An die sämmtlichen Herren Docenten und Beamten der Universität.

Nach dem Weimarischen Gesetz über die allgemeine Einkommenssteuer vom 10. September 1883 (Regierungsblatt S. 101 folgende) § § 9, 12-14, werden bei der Einschätzung zur staatlichen Einkommenssteuer von dem Einkommen der Steuerpflichtigen die Schuldzinsen (und zwar aller Art, nicht bloß die Hypotheken-Zinsen) nach gehöriger Anmeldung in Abzug gebracht. Dagegen ist nach der neuen Gemeinde-Ordnung vom 17. April 1895 Art. 128 und 143 für die Gemeindebesteuerung ein solcher Zinsabzug an sich zwar ausgeschlossen, jedoch durch Art. 51 den einzelnen Gemeinden gestattet, durch besonderes Ortsstatut auch hinsichtlich des zur Gemeindesteuer heranzuziehenden Einkommens den Abzug der Schuldzinsen zuzulassen.

Ein derartiges Ortsstatut ist nun unter‘m 24. Oktober 1896 von der Stadtgemeinde Jena erlassen worden und hat nach Bekanntmachung des Großherzoglichen Bezirksdirektors zu Apolda vom 15. Dezember 1896 die – auf Widerruf ertheilte – Genehmigung Seiner Königlichen Hoheit des Großherzogs gefunden. Daßelbe ist sodann in No. 297 der Jenaischen Zeitung vom 18. December 1896 veröffentlicht worden und mit dem 1. Januar dieses Jahres in Kraft getreten.

In § 3 dieses Ortsstatuts ist bestimmt, daß vom 1. Januar 1897 ab von dem gemeindesteuerpflichtigen Einkommen alle für die Staatssteuerrolle gültig angemeldeten und als abziehbar anerkannten Schuldzinsen nach näheren Maßgaben in Abzug gebracht werden sollen. Dieser Bestimmung ist dann aber in § 4 folgendes hinzugefügt: „Wegen der Besteuerung der Angehörigen der Universität Jena verbleibt es allenthalben bei dem bisher bestehen- || den Verfahren.

Es ist nun zwischen dem Senat der Universität und dem Gemeinde-Vorstand der Stadt Jena, Herrn Oberbürgermeister Singer, ein Einverständniß dahin erzielt worden, daß nach Maßgabe des zwischen der Universität und der Stadt bestehenden Vertrags vom 7. Oktober 1872 die Einschätzung der Akademiker zu den von ihnen zu leistenden Gemeindesteuern auch fernerhin nach den gleichen Grundsätzen zu geschehen hat, wie diejenige der übrigen Einwohner der Stadt und daß daher, wenn nach dem Ortsstatut vom 29. Oktober 1896, § 3, von dem gemeindesteuerpflichtigen Einkommen der letzteren die Schuldzinsen nach den dort bezeichneten näheren Maßgaben in Abzug gebracht werden, ein solcher Abzug nach den gleichen Maßgaben ohne weiteres auch bei den Akademikern Platz zu greifen hat.

Von dieser Sachlage geben wir den sämmtlichen Herren Dozenten und Beamten der Universität mit dem Bemerken Kenntniß, daß über den Abzug der Schuldzinsen von dem Gemeindesteuerkapital folgende gesetzliche Bestimmungen zu beachten sind:

Schuldzinsen werden je nur auf besondere Anmeldung von dem steuerpflichtigen Einkommen in Abzug gebracht.

Schuldzinsen, deren Abzug beantragt wird, sind von dem Steuerpflichtigen unter genauer Angabe des Namens und Wohnortes des Gläubigers, des Kapitalbetrags der Schuld, des Zinsfußes, des Jahresbetrags der Schuldzinsen und des Datums der etwa ausgestellten Schuldurkunde schriftlich zu verzeichnen und bei dem Gemeindevorstand spätestens bis 8. Januar jeden Jahres bzw. wenn das Steuerkapital eines Steuerpflichtigen für das zweite Halbjahr einzustellen ist, spätestens bis 8. Juli jeden Jahres offen einzureichen.

Schuldverzeichnisse, welche diesen Aufforderungen nicht entsprechen oder verspätet eingereicht werden, oder unrichtige Angaben enthalten, werden als zur Berücksichtigung nicht geeignet zurückgegeben.

Die Behörde kann sich nach Befinden von der Richtigkeit der Schuldzinsverzeichnisse in geeigneter Weise Ueberzeugung verschaffen. ||

Von demjenigen Einkommen, welches sich aus Grund und Boden oder aus Gebäuden innerhalb des Gemeindebezirks ergibt, werden Schuldzinsen nicht in Abzug gebracht.

Schuldzinsen für solche Hypothekenkapitale, welche auf Grundbesitz außerhalb des Gemeinde-und Flurbezirks der Stadt Jena haften, werden nicht in Abzug gebracht.

Wenn für Hypothekenschuldkapitale neben Grundbesitz des Gemeinde- und Flurbezirks der Stadt Jena auch noch Grundbesitz eines anderen Gemeinde- und Flurbezirks mit verpfändet ist, wird der in Abzug zu bringende Schuldzinsenbetrag nach Verhältniß des Werthes des im Gemeinde- und Flurbezirk der Stadt Jena gelegenen Pfandgrundbesitzes zu dem Werth des sonstigen mit verpfändeten Grundbesitzes berechnet und festgestellt. –

Dem Beitragspflichtigen liegt es ab, auf Erfordern den Nachweis des hierbei in Betracht zu ziehenden Werthes durch Bezugnahme auf die bei Gelegenheit der Verpfändung zu den Gerichtsakten gebrachte Schätzung oder durch besondere Schätzung der zuständigen Ortstaxatoren zu liefern.

Jena, den 26. März 1897.

Prorektor und Senat

der Großherzoglich und Herzoglich Sächsischen

Gesammt-Universität.

Linck

d. Z. Prorektor.

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
26.03.1897
Entstehungsort
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
A 46537
ID
46537