Bartholomäus von Carneri an Ernst Haeckel, Schloss Wildhaus, 25. Oktober 1883
Wildhaus 25. Oct. 1883.
Hochverehrter, geliebter Freund!
Es ist geschehen. Wann ich es am wenigsten erwartete, kam ein solider Käufer, und zahlte mir das Gut, nicht brillant, aber doch so, daß ich zufrieden sein kann. Ja, wenn die Phylloxera nicht wäre, hätte mir’s nicht im Traum einfallen können. Allein ich glaube an diese Landplage, und sie hätte mich total ruinirt. So ist meine Zukunft und mit ihr die Fritzi’s gesichert; manches Jahr werden wir etwas bei Seite legen können, und die ersten Ersparnisse || werden einem Ausflug nach Jena gewidmet.
Kein Wort über die Aufschürfung, welche dabei die Seele erleidet. Ich habe Härteres verwunden, und meine alte Heiterkeit büße ich nicht ein. Das Ärgste der Packerei etc ist überstanden und in den letzten Tagen Octobers sind wir in Gratz – vorläufig Glacisstraße 35, wo wir das eine Bild Königsbrunn’s besichtigten – unda wo d. h. in Gratzb ich Wohnung suchen und bleiben werde.
Fritzi, die Sie bestens grüßt, ist || in diesen Tagen wie ein junger Gott. Das Mädchen ist so gescheut als lieb. Solang sie mir gesund bleibt, wird nichts mich zu einer Klage bewegen.
Möchten diese Zeilen Sie und Ihre Lieben wohlauf antreffen! Antworten Sie mir nicht. Ich weiß, wie viel Sie zu thun haben, aber auch wie lebhaft Sie mein Leid theilen. Wie ich zur Ruhe komme, schreibe ich wieder. Wir bleiben die Alten.
Aus ganzer Seele
Ihr
Carneri
a eingef.: und; b eingef.: d. h. in Gratz