Crompton, Ella von

Ella von Crompton an Ernst Haeckel, Groß Brütz, 15. Juni 1918.

Jagdhaus Gr. Brütz, 15.VI.18.

Hochverehrte Excellenz,

mit gleicher Post (nur von Wittenförden aus) sende ich Ihnen ein kl. Päcklein, Inh. für Pfingsten: etwas Butter, Speck u. Cervelatwurst). Hoffentlich gelangt es gut in Ihre Hände u. schmeckt Ihnen. Von ganzem Herzen wünsche ich Ihnen Alles Liebe u. Gute, daß Ihnen das schöne Wetter etwas gut tun möchte. Sitzen Sie wenigstens, lieber, guter Herr Geheimrat, viel auf Ihrem Balkon od. Veranda mit dem Blick auf die wundervollen Kernberge. Es ist in diesem Jahr ja schon Alles so weit voraus u. wunderschön draußen. Leider habe ich so garkeine Zeit, um die schöne Jahreszeit genießen zu können. Farben u. Pinsel ruhen sich bei mir aus. Ich wünschte, die Entfernung wäre nicht so arg weit – dann würde ich herüberkommen, Sie, liebster, guter Herr Geheimrat, in einen Wagen packen u. hinaus z.B. nach „Vollradisroda“ – oder da irgendwo hinaus. Luft, Licht, Sonne genießen u. versuchen, eine schöne kl. Erinnerung auf dem Papier mitheimzubringen. – – – „Ein schöner Traum, indessen sie entweicht, ach.“ – – – – – Ist Herr Sohn mit || Familie noch dort bei Ihnen? Haben Sie noch Ihre beiden, tüchtigen Mädchen? Ich habe jetzt mein Haus recht voll, 15 junge Mädchen, u, eine sehr nette, jg. Haushaltungslehrerin, Tochter eines verstorbenen General’s, ein liebes Geschöpf, so habe ich es doch etwas leichter. Für Trautchen habe ich mir jetzt auch eine jg. Kindergärtnerin nehmen müssen, da ich mich doch nicht den ganzen Tag um das Kindchen kümmern kann u. der Umgang mit den vielen jungen Mädchen doch schädigend auf ihr kleines Kinderköpfchen wirken würde. Und denken Sie, lieber, guter Herr Geheimrat, das junge Mädchen, das ich gewählt, ist kath. – – Ihr Brief, Handschrift, Empfehlung Alles berührte mich so sympathisch, daß ich sie nahm. Dazu noch bis aus Aachen – – Ich freue mich sehr zu der Wahl, es ist ein äußerst liebes, zuverlässiges, sympathisches Geschöpf, dem ich Tr. gut anvertrauen kann. Um Trautchen kann ich also ganz unbesorgt jetzt sein; sie schrieb mir s. Zt. „sie würde bemüht sein, in dem Kinde den Sinn f. Alles Wahre, Gute und Schöne in der Natur zu merken u. zu fördern“, auf diesen echt Goethe-Haeckelischen Satz hin, wählte ich sie hauptsächlich. In solchem frühen Kindesalter finde ich, tun Glaubenssachen auch noch nichts. Außerdem findet sie auch bei mir stets das Gegengewicht. – Nun hoffe ich nur sehr, hochverehrter, lieber, guter Herr Geheimrat, daß Ihnen Pfingsten „das liebliche Fest“ recht gut tun möchte. Vielleicht erinnern Sie sich auch 1 x freundlichst an Ihre Sie so hochverehrende Adoptivtochter u. Adoptivenkelchen Trautchen. Mit bester Empfehlung von meinem Mann, einem süßen Küßchen von Kl. Tr. bin ich stets u. immer Ihre Sie so hochverehrende, Ihnen treu u. innig

dankbare Elli von Crompton

Lieber, guter Herr Geheimrat, haben Sie vielleicht schon Nachricht von Ihrem Hr. Sohn, wie das Werk u. der Verlag heißt von dem illustr. Werk, das so wunderschön war über Wagner´s Musikdramen, das Sie mira letzten August zeigten? Ich wäre Ihnen so dankbar dafür!b

a weiter am Rand auf S. 2: Lieber guter … das Sie mir; b weiter am Rand auf S. 1: letzten … dafür!

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
15.06.1918
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 4559
ID
4559