Crompton, Ella von

Ella von Crompton an Ernst Haeckel, Grunewald, 1. Dezember 1913.

Berlin-Grunewald, Charlottenbrunnerstr. 4

1. Dez. 1913.

Hochverehrte Excellenz,

herzlich danke ich Ihnen, hochverehrter, lieber, guter Herr Geheimrat, für die gütige Übersendung des „Monistischen Taschenkalender’s“ mit den lieben Worten darin. Es hat mich sehr erfreut und besonders der schöne Schmuck der köstlichen Kunstformen der Natur darin nebst Ihren prächtigen Sätzen.

Doch hochverehrter, lieber, guter Herr Geheimrat, darf ich mir eine Frage erlauben? Geht es Ihnen gesundheitlich nicht || ganz gut, oder Ihrer hochverehrten Frau Gemahlin? Oder sind Sie wieder mit Arbeit so überbürdet? Daß ich nämlich so garnichts, so arg lange nichts von Ihnen, über Ihr Befinden und Ergehen gehört habe. Das macht mir große Sorge und betrübt mich aufrichtig und darum bitte ich Sie herzlich, wenn es Ihnen nicht zu viel Mühe macht, mir doch bitte recht bald eine kleine Zeile zu schreiben. Meine Gedanken weilen so oft u. viel bei Ihnen, in Ihrem so ruhigen, traulichen Arbeitszimmer, mit Ihren schönen, lieben Bergen davor, und all seinen reichen Schätzen innen, all den köstlichen Reiseerinnerungen. Ich bin ja immer zu glücklich in dem Gedanken, in diesem Sommer Ihnen, hochverehrter, lieber, guter Herr Geheimrat, || ein bischen haben zugucken zu dürfen und gleichzeitig solch prächtigen Unterricht bei Ihnen genossen zu haben. Recht innig und herzlich bin ich Ihnen dafür dankbar.

Eine freudige Mitteilung kann ich Ihnen auch heute machen. Ich habe eine Bestellung bekommen und zwar im Kaiser-Friedrich-Museum zu kopieren: Dierick Bouts „Der Prophet Elias in der Wüste“. 71 – 87 cm groß. Aus dem 15. Jahrh. Heute habe ich es im Museum angefangen auf Holz zu malen. Es wird eine tüchtige Arbeit geben, aber ich bin sehr, sehr glücklich darüber. Giebt es doch sonst garnichts zu tun. Die Kunsthändler scheuen sich sogar, etwas zum Ausstellen anzunehmen, weil nichts gekauft wird, billige Drucke sind noch das Einzige, was gekauft wird. Für Kunst sind die Zeiten entschieden miserabel. ||

Lassen Sie sich jetzt bei dem milden Wetter auch noch immer schön ausfahren? Die Luft ist doch recht schön, es ist eben halt gar kein Winter.

Vor einiger Zeit bekamen wir von einem unserer Mieter (Regisseur am Deutsch. Theater) Billete zu einer Pressevorstellung des Kurfürsten Kinotheater’s. Es wurde „Das schwarze Los“ dargestellt in der Hauptrolle mit Alexander Moissi. Diese Filmdarstellung war aber das Schönste was ich gesehen habe; die Szenerie entzückend, alles in Italien direkt aufgenommen und Alles so instruktiv dargestellt, daß man Alles gleich verstand ohne die geringste Erklärung. Es war eine sowohl technisch wie künstlerisch vollkommene Leistung.

Ihnen, hochverehrter, lieber, guter Herr Geheimrat von Herzen Alles Gute und Liebe wünschend, mit der Bitte, mich Ihrer hochverehrten Frau Gemahlin bestens zu empfehlen, mit einer Empfehlung von meinem Manne, bin ich stets mit herzlichsten Grüßen

immer Ihre Sie so hochverehrende, Ihnen treu und aufrichtig dankbar ergebene

Ella von Crompton

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
01.12.1913
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 4480
ID
4480