Haeckel, Karl

Karl Haeckel an Ernst Haeckel, [Berlin], [2. September 1860], mit Nachschrift an Hermine Haeckel

Lieber Ernst!

Soeben kommt gleichzeitig mit Deinem u. Mimmi’s Briefe der beifolgende Hamburger an, den ich in Voraussetzung Deiner Erlaubniß geöffnet und mit den Aeltern besprochen habe. Gerne brächte ich Dir in Folge desselben die für die Meldung nöthigen Papiere mit; allein Mutter meint, sie lägen in Tante Minchens Geldschrank. Kannst Du sie in nun nicht bald erhalten. So würde ich mich vorläufig ohne Beilegung von Papieren u. blos unter Berufung auf angesehene Männer, die Dich kennen, melden. Die Absendung geschieht doch wohl erst, wenn ich in Freienwalde bin, so daß wir das Weitere noch besprechen können. ||

Die Aeltern sind mit Deinem neuen Reiseplane einverstanden, bis auf den 2maligen Besuch in Heringsdorf; ob der zum 14t sich ausführen läßt, wird weniger vom Kostenpunkte, der in der That nicht von Bedeutung ist, als von der Möglichkeit durch Anschluß der Züge rechtzeitig in Königsberg einzutreffen abhangen. Darüber mußt Du noch das Coursbuch nachsehen. Die Sachen werde ich Dir für alle Fälle mitbringen. – –

[Nachschrift an Hermine Haeckel]

Hier ist es mir gut aber gründlich trubulös gegangen, liebste Frau! Täglich um Mitternacht oder noch später zu Bette; den Tag über Sitzungen, Festessen || u.s.w. Das Wiedersehen alter Bekannter (zu denen am 2t. Tage noch unerwartet Meyer aus Thorn sich gesellte) u. eine Menge interessanter neuer Bekanntschaften bildeten den Hauptvortheil des Juristentages; in fachlicher Beziehung lernte man dabei auch manches. Gestern früh fuhren Meyer, Forkel u. Esmarch (den wir nach Meyers Ankunft noch zitirt hatten u. der bei uns logirt hat) wieder ab, Aegidi mit den Frauen gestern Abend nach Dresden. Gestern Mittag war Dein Bruder Heinrich, der den Abend vorhera von Heringsdorf gekommen, bei uns. Nachmittags begruben wir Helene Naumann, || die am Mittwoch, aufs jämmerlichste abgezehrt, geendet hat. Sydow hielt die Grabrede; die Aeltern fuhren mit Heinrich u. mir heraus u. wir besuchten noch die Sethe’schen Begräbnisse. Gestern Abend warb ich c mit hiesigen u. auswärtigen Turnern in den Zelten, ging aber zeitig nach Hause, um ordentlich auszuruhen. Heute Nachmittag 3 Uhr soll das Fest beginnen; wenn das Wetter sich nur halten wollte! – Der Juristentag ist von demselben merkwürdig begünstigt worden. Ich reise morgen früh u. bin ½11 Uhr in Freienwalde. Halte eine Tasse Bouillon zurück; ich muß nachher gleich zum Termin herüber. Den beiliegenden Zettel laß durch Hochsprung den Referendarien zeitig zugehen womöglich noch heute Abendd. Herzlichen Dank für Deine munteren Zeilen u. einen Kuß für Dich u. die Kinder.

Dein Karl.

a gestr.: früh; eingef.: den Abend vorher; b gestr.: hatte; eingef.: war; c gestr.: die s; d eingef.: wo möglich noch heute Abend

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
02.09.1860
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 44522
ID
44522