Kölliker, Albert

Albert Kölliker an Ernst Haeckel, Würzburg, 27. Juli 1859

Würzburg den 27 Juli | 1859.

Mein lieber Häckel!

Ihre hübsche Arbeit über die Seesternaugen etc. ist gestern glücklich in meine Hände gekommen und werde ich dieselbe sofort an Engelmann expediren, der sie auch gleich in Angriff nehmen kann. Lassen Sie denselben in irgend einer Weise wissen, wann er die Separatabdrücke senden kann. Zugleich hat es mich sehr gefreut wieder etwas von Ihnen zu hören. Daß es Ihnen in Neapel nicht besser gefällt, Thiere betreffend, wundert mich. Zu meiner Zeit waren am || Castel dell’Ovo schöne Polypen Sertularia, Eudendrium, Pennaria, ferner erhielten wir sehr viele Nudibranchiaten, welche in Messina fast ganz fehlten. Außerdem muß wohl auch in den Algen ein zalloses [!] Gewimmel kleiner Bestien sich finden. Reicher ist allerdings Messina und rathe ich Ihnen solange als möglich dortzubleiben.

Gestern erhielt ich von Dr. Keferstein in Göttingen einen Brief, mit der Bitte ihm Anweisungen über Italien zu geben, da er mit einem Mediciner nach Neapel und später auch nach Messina gehen will, letzteres wie er sagt im Januar. Wünschen Sie denselben früher zu sehen, so schreiben Sie an Berncastel, der wird schon wissen wo er ist. Ich werde ihm sagen, daß Sie in Italien sind, wenn er es nicht schon weiß. Ich bin immer vergleichend histologisch thätig und können Sie leicht meine Studien unterstützen, wenn Sie wollen. || Nachdem ich im Winter die Knochen und Zähne vorgeholt, bin ich diesen Sommer mit den Knorpeln und der Bildung der Wirbel der Plagiostomen beschäftigt gewesen, die interessante Resultate ergaben. Seit Müller hat sie keiner mehr gearbeitet und obschon er schon im Jahr 1841 aussprach, daß die Chordascheide zum centralen Theil der Wirbel ossificire, hat der große Leydig diese Sache doch ganz beiseite gelassen und weiß er nicht einmal, daß die Scheide verknöchert, noch weniger wie. Ich wünsche nun von Ihnen zur Vervollständigung meiner Studien seltene Plagiostomen oder Theile der Wirbelsäule und zwar

Hexanchusvordere und Schwanzwirbel

Echinorhinus""

Pristiurus melanostomus

Thalassorhinus vulpecula

Lamna cornubicavordere und Schwanzwirbel

Odontaspis taurus""

Alopias vulpes""

Spinax nigerganze Thiere

Centrina salviani"

Centrophorus"

Centroscyllium mit sehr langer Schnautze sehr selten Stacheln an den Rückenflossen ||

Scymnus lichiaganze Thiere

Pristis antiquorum vordere hintere Wirbel

Rhinobatus

Trygon violacea

Rhinoptera

Cephaloptera

Außerdem alle durchsichtigen Fische, die sie erhalten können und die seltenen andern. Gehen Sie alle Tage auf den Fischmarkt. Messina ist sehr reich.

In Deutschland geschieht jetzt nicht viel und wüßte ich Ihnen nichts erhebliches zu melden. Wir sind hier alle wohl und grüßt Müller bestens. Dr. Claus von Gießen will sich hier für Zoologie habilitiren doch scheint er auch die Absicht zu haben in comparativer Anatomie zu machen, was wohl kaum gehen wird. Ich habe in neuer Zeit auch die pflanzlichen Parasiten in den Hartgebilden von Mollusken, Polypen, Schwämmen, Balani etc verfolgt, wovon Sie vielleicht noch nichts wissen. Alle die Carpenter’schen Tubuli in Schalen sind Pilze.

Beinahe hätte ich vergessen Sie zu bitten alle Spongien für mich zu sammeln in Spiritus. Dieselben fangen an Interesse zu erregen. Darum leben Sie wohl, mein lieber alter und junger Freund, möge es Ihnen wohl ergehen und Sie reichbeladen mit Schätzen zurück kommen.

Ihr treuergebener A. Köllikera

a Text weiter am linken Rand von S. 4: Schätzen … Kölliker

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
27.07.1859
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 44399
ID
44399