Crompton, Ella von

Ella von Crompton an Ernst Haeckel, Haus Schönow b. Zehlendorf – Berlin, 14. Mai 1910

z. Zt. Haus Schönow, Zehlendorf – Berlin.

14.5.10.

Hochverehrte Excellenz,

innigsten Dank für Ihren so lieben, guten Brief – (die größte Freude, die mir werden konnte –) und die Bilder. Wie dankbar bin ich Ihnen, hochverehrter, lieber, guter Herr Geheimrat, dafür; wie sehr glücklich, dieselben zu besitzen, dadurch Sie hier ein bischen zu haben! Sehr erfreute mich auch Ihr Darwin-Aufsatz, das kleine Lebensbild und das liebe Jena. Herzlich froh bin ich, daß Ihnen die ital. Reise so gut getan hat! Den Krystall-Kronleuchter denke ich mir entzückend. Jedesmal, wenn ich die Rhopilema Frida in Ihren „Kunstformen“ bewunderte, dachte ich mir gerade diese Form wie geschaffen eigens für Ihren Zweck in Krystall. Sind die Decken-Malereien sehr gelungen? Wie schade, daß ich den neuen Zuwachs Ihrer prächtigen Aquarelle nicht bewundern kann. Ich bin so glücklich, daß Sie, || lieber, guter Herr Geheimrat, mit erneutem Mut an neue Arbeit gehen und bedaure nur aufrichtig, daß ich Ihnen so garnichts nützen kann u. helfen. Nach dem weiteren Ausbau des unglücklichen Phyletischen Museums wage ich nicht zu fragen. Benutzen Sie die Räume garnicht, in denen ich das Glück hatte, am letzten Goethe-Geburtstag solch unvergeßliche Stunden mit Ihnen, hochverehrter, lieber, guter Herr Geheimrat zu verleben?

Für Ihre so treuen Freundschaftsanerbieten danke ich Ihnen aufrichtig. Sie machen mich sehr glücklich, daß Sie, lieber, guter Herr Geheimrat bei all Ihren Sorgen so väterlich an mich denken und mir helfen möchten. Haben Sie tausend innigen, aufrichtigen Dank dafür. Bitte bleiben Sie mir weiter so gut; ich möchte gerne ganz uneigennützig und rein Ihre Freundschaft genießen dürfen. Sie glauben nicht, welchen Trost und Halt Sie mir durch Ihr Vertrauen und Ihre Güte gewähren, die ich nie ausnützen möchte. Wenn es auch bis jetzt noch nicht besser geht. So hoffe ich doch, daß es vielleicht bald doch noch besser wird und ich dann wieder eine Betätigung finde. Ins Leben bin ich hineingestellt und ich will am Ende kein Feigling sein. Das haben Sie mich gelehrt. ||

Von Ihrem anderen, lieben Anerbieten, mir Lektüre senden zu wollen, mache ich sehr gerne Gebrauch, wenn es Ihnen nicht zu viel Mühe verursacht und ich dieselbe einige Zeit behalten darf, da mich Lesen, obgleich meine schönste Freude, noch anstrengt und nicht so rasch geht, wie sonst. Semon’s „Im Australischen Busch“ kenne ich nicht, (seine „Mneme“ besitze ich) , auch Breitenbach nicht. Ich lese sehr gerne Reisewerke und naturwissenschaftliche Bücher.

Hoffentlich verleben Sie die Pfingsttage recht gesund und glücklich im schönen Jena. Jetzt steht hier Alles in schönster Blüte. Die Bäume brechen beinahe unter der Blütenlast. Die weißen Flocken rieseln unaufhörlich und lautlos von den Bäumen, nur das Summen der Bienen ist hörbar und Morgens, wenn der Tag eben graut, die Vögel. Die singen und schmettern in all das Werden. Alles in der Natur ist doch unsagbar schön, nur die Menschen verleiden einander das Leben.

Lieber, guter Herr Geheimrat, mit innigsten aufrichtigstem Dank für all Ihre Güte, den innigsten Wünschen und herzlichsten Grüßen bin ich immer

Ihre Sie so hochverehrende, Ihnen stets dankbare, treu ergebene

Ella v. Crompton geb. Gewert

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
14.05.1910
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 4392
ID
4392