Crompton, Ella von

Ella von Crompton an Ernst Haeckel, Mosbach, 18. Oktober 1908

Mosbach b. Wutha (Kr. Eisenach) 18. X. 08.

Hochverehrte Excellenz,

meinen allerinnigsten und aufrichtigsten Dank wollte ich Ihnen aussprechen für die unendlich große Freude, die Sie mir bereitet haben, daß Sie in Ihrer so großen Herzensgüte soviel Ihrer kostbaren Zeit für mich opferten! Meine ganz besondere Dankbarkeit muß ich Ihnen aber aussprechen, daß Sie mich für wert hielten, einen Teil Ihres so unerschöpflichen Schatzes an herrlichen Aquarellen sehen und Ihre so unvergleichlich große Kunst bewundern zu dürfen. Wie armselig sind doch dagegen die Reproduktionen in den „Wanderbildern“ im Vergleich zu dem unsagbaren Zauber und den warmen Tönen der Originale. Wie glücklich und selig Sie mich durch || diese unvergesslichen Stunden gemacht haben, die ich mit Ihnen verleben durfte, a kann ich mit Worten gar nicht ausdrücken, lieber, hochverehrter Herr Professor!

Als Sie mir durch Ihre Schriften Licht in mein armes, hartes Leben brachten, und mir halfen, mich in demselben zurecht zu finden, war mein sehnlichster Wunsch, Sie persönlich sehen zu dürfen und Ihnen, dem großen Menschenfreund, persönlich danken zu können, daß Sie mich durch Ihre Lebensarbeit fähig gemacht haben, meinen Platz im Leben auszufüllen als einheitlicher, freier, mit dem Schicksal nicht mehr hadernder Mensch. –

Da Sie, hochverehrter, lieber Herr Geheimrat, auch meinem bescheidenen Schaffen ein so warmes Interesse entgegen gebracht haben, so darf ich es wohl wagen, ohne zu aufdringlich zu erschei‐||nen, Ihnen einige meiner Orginal-Ölstudien, teilweise aber sehr flüchtig u. nicht fertig ausgeführt, und eine Original-Aquarellstudie zur gelegentlichen Ansicht zu übersenden. Leider habe ich fertige u. größere Sachen nicht zur Hand. Die Kopien aus der National-Galerie, die mein Schwager Commerzienrat Kestner in Waltershausen von mir besitzt, sind leider so groß, (1.27 – 1.86 cm u. 1.06 – 1.54 cm) daß es mir nicht möglich ist, dieselben zur Ansicht zu senden. Doch würde mein Schwager sie bestimmt gerne besichtigen lassen.

Nun bitte ich aber nur den großen Künstler, seine so unerschöpfliche Menschenfreundlichkeit auch bei der Kritik meiner Studien walten zu lassen und dieselben nicht zu sehr mit dem scharfen Auge des großen Malers betrachten zu wollen.

Indem ich Sie, lieber, hochverehrter Herr Professor, bitte, mir nicht böse || zu sein, daß ich Sie so lange mit meiner Schreiberei aufgehalten habe, danke ich Ihnen aus Herzensgrund für Ihre so große Güte und Liebenswürdigkeit, die Sie mir erwiesen haben, die mir stets ein Lichtblick in meinem Leben bedeuten werden, und verbleibe ich mit hochachtungsvollem Gruß

Ihre Sie hochverehrende, treu ergebene stets dankbare

Ella v. Crompton geb. Gewert.

a gestr.: kann

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
18.10.1908
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 4366
ID
4366