Iwan Katz an Ernst Haeckel, Hannover, 15. Februar 1909
Hannover, den 15. Februar 1909.
Stolzestr. 13
Hochverehrter Herr und Meister!
Wenn ich mich denen anzuschliessen wage, die zu Ihrem Jubeltage aus aller Welt Ihnen Glück und Dank zurufen, habe ich nichts Ihnen als Entschuldigung für mein Beginnen anzugeben als meinen schlichten guten Willen.
Der aber stammt aus so herzlichen, lauteren Tiefen, dass ich jauchzen möchte vor Stolz, Ihnen meinen Dank zugleich mit den innigsten Glückwünschen heute aussprechen zu dürfen, einen Dank für jene grosse, an den Grundfesten rüttelnde Lebens- und Denkveränderung, seit ich zuerst gierigen Lesens den Hauch Ihrer Welträtsel in mich einschlürfte.
Was ich jetzt bin an Energie, Verstehen, an Glauben und Idealen, danke ich Ihnen. Drum werden Sie nicht böse sein, wenn ich Ihnen mein Bekenntnis (Prolog der Darwin-Haeckelfeier der hiesigen Ortsgruppe des Deutschen Freidenkerbundes) gleichsam als Zins nun anzubieten wage.
Ein Loblied Ihnen Selbst singen kann ich nicht; Sie Byzantinerhasser werden wissen, warum! Aber was den neuen Menschen allen zugeschrieben werden muss, darf ich wohl auch Ihnen zeigen.
Wir hier in Hannover sind uns gleich in der Verehrung Ihres Namens, und wie ich dem von Ihnen mir vor Jahren geschickten Bildnis seinen Ehrenplatz für immer zugewiesen habe, so wird die stetig wachsende Schar der hiesigen Monisten Ihr Lebenswerk allzeit als Leuchtbild in Ehren halten.
Mögen Sie, verehrter Mann, noch lange, lange das Glück, so geliebt zu werden, geniessen, mögen Sie weiterkämpfen in Jugendfrische, und wenn es nottut, auch noch dreinschlagen in das Gewinde kriechender Niedrigkeit.
Ich will beten dafür zu unseren Göttern, dem Wahren, Schönen und Guten.
In Liebe und Treue
Ihr dankbarer
Iwan Katz.