Haeckel, Ernst

Ernst Haeckel an das Großherzogliche Staatsministerium zu Weimar, Jena, 31. Januar 1878

Jahresbericht über die

Zoologischen Anstalten in Jena

für das Jahr 1877

Hohes Großherzogliches Staatsministerium!

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Das Zoologische Institut wurde im verflossenen Jahre von 30 Studirenden benutzt: 17 im Sommer-Semester, 13 im Winter-Semester. Leider tritt einer ausgiebigeren Benutzung und Verwerthung des Instituts der empfindliche Mangel an Raum entgegen, der sich in jedem Jahre dringender bemerklich macht, je mehr die zoologischen Sammlungen und Unterrichts-Hilfsmittel anwachsen.

Als Seine Königliche Hoheit, der Großherzog, im Mai vorigen Jahres das Institut besuchte und die Sammlungen besichtigte, hatte Hochderselbe die Gewogenheit, sich selbst von den vielfachen Uebelständen zu überzeugen, die der Mangel an Platz hervorbringt, und ertheilte mir zugleich den Befehl, zum Zwecke der längst als nothwendig erkannten Vergrößerung des Instituts durch Anbau den Bauplan für letzteren durch den Großherzoglichen Bau-Controlleur Lamb entwerfen und den Kostenanschlag aufstellen zu lassen. Derselbe liegt fertig im Bureau des Herrn Lamb vor, und es bedarf nur des geneigten || Wohlwollens des Großherzoglichen Staats-Ministeriums, und der Bewilligung der erforderlichen Mittel (12.000‒15.000 Thaler), um diesen Plan alsbald zu verwirklichen.

Die dringenden Gründe, welche diese Vergrößerung des zoologischen Instituts und Museums durch Anbau täglich wünschenswerther machen, habe ich schon früher dem hohen Staatsministerium mündlich und schriftlich wiederholt darzulegen die Ehre gehabt, und erlaube mir daher hier nur kurz folgende Haupt-Punkte in geneigte Erinnerung zu bringen:

1.) Die Sammlungen des Großherzoglichen Museums bedürfen zu ihrer ordentlichen Aufstellung mindestens eines doppelt so großen Raumes als er jetzt dafür gegeben ist;

2.) Die allzu schwere Belastung des gegenwärtig disponiblen Gebäude-Raums, in welchem die Sammlungen viel zu dicht angehäuft sind, schädigt das Gebäude selbst in bedenklicher Weise;

3.) Die Arbeitsräume für die Studirenden sind bei weitem nicht ausreichend;

4.) Das einzige im Institut vorhandene Auditorium, welches für Zoologie und Botanik gemeinsam ist, enthält nur 50 Plätze, während zum Beispiel die Vorlesungen über Zoologie im laufenden Semester von 66 Zuhörern besucht sind, und so eine höchst lästige Ueberfüllung entsteht; ||

5.) Eine Dienstwohnung für den Famulus des Instituts, der zugleich Custos des Museums ist, fehlt ganz; derselbe kann daher nur zeitweise anwesend sein, wodurch zahlreiche Uebelstände in der Benutzung des Instituts hervorgerufen werden.

Diese sachlichen Gründe für Erweiterung des Instituts durch Anbau sind so dringlicher Art, daß jeder andere Director des zoologischen Instituts und Museums, der etwa an meine Stelle tritt, dieselben mit gleicher Nothwendigkeit geltend machen müßte, wohl auch die Uebernahme des Directoriums davon abhängig machen würde. Ich darf mich daher wohl der frohen Hoffnung hingeben, daß das Hohe Großherzoglichen Staatsministerium in gerechter Würdigung jener Gründe die Ausführung des Anbaus, von dessen Nothwendigkeit Seine Königliche Hoheit der Großherzog sich selbst überzeugt hat, wohl alsbald anbefehlen und die nöthigen Anordnungen treffen werde.

In dieser Hoffnung verbleibe ich mit vorzüglichster Verehrung des Hohen Großherzoglichen Staatsministeriums

ganz ergebener

Dr. Ernst Haeckel

Director des zoologischen Instituts

und des Museums.

Jena den 31. Januar 1878.

 

Letter metadata

Gattung
Verfasser
Datierung
31.01.1878
Entstehungsort
Entstehungsland
Zielort
Weimar
Besitzende Institution
LATh-StA Gotha
Signatur
Staatsministerium, Dep. I, Loc. 6 p, Nr. 25, Bd. 1, Bl. 110r-111r
ID
43340