Walter Anschütz an Ernst Haeckel, Chemnitz, 11. Februar 1909
Melanchthonstr. 4
Chemnitz, 11. Feb. 1909
Hochverehrter Herr Professor!
Mit diesem Bedauern haben mich die Angriffe erfüllt, denen Sie letzthin ausgesetzt gewesen sind, insbesondere auch in hiesiger Stadt durch den Vortrag von Brassa. Es drängt mich daher, Ihnen, hochverehrter Herr Professor, meine Sympathieb auszusprechen & zu sagen daß ich – wenn auch nur als Laie & armer Schlucker – Ihr Ansehen hoch halte und Ihnen für Ihre Lehren, die mir schon manche genußreiche Stunde gebracht haben || herzlich dankbar sein, bilden doch Ihre Lebenswunder, Vorträge & Welträtsel Prunkstücke meiner kleinen Bücherei. Ich glaube, daß Ihre wahren & überzeugten Anhänger, sowohl Wissenschaftler als Laien, jetzt noch fester zu Ihnen halten und auch Ihren Standpunkt voll billigen, wenn Sie sich nicht in zwecklose Streitereien einlassen. Die schlechtesten Früchte sind es nicht an denen die Wespen nagen, jeder mutige Bahnbrecher und Reformator ist angefeindet worden, insbesondere wenn er erfolgreich war, und wenn man auch || jetzt versucht den Namen Ernst Häckel in den Staub zu ziehen, so bleibt es Ihren Schülern als dankbare Aufgabe vorbehalten den Staub davon abzuwischen, den Hammer noch höher zu heben und den zischenden Gegnern den Kopf zu zertreten, die in ihrer maßlosen Wut und Ohnmacht vergeblich versuchen den Himmel mit einem Taschentuch zuzuhängen.
Ich wünsche Ihnen bei bester Gesundheit noch einen langen genußreichen Lebensabend || und versichere Sie meiner ungeschmälerten Hochachtung
Ihr ganz ergebener
Walter Anschütz
a korr. aus: Grass; b korr. aus: Sympafhie