Besser, Käthe (Käte)

Käthe Besser an Ernst Haeckel, Marburg, 15. Februar 1909

Marburg 15. II. 09.

Wörthstr 42

Hochverehrter Freund!

An Ihrem „Tägle“ wie einige Süddeutsche den Geburtstag nennen, möchte ich nicht fehlen! Durch Ihr Tägle ist’s bei so Unzähligen „Tag“ geworden. Und wenn Sie auch verehrtester, lieber Freund, in wohl verdienter Ruhe nach 48 Semestern keine direkte Leuchte mehr in Ihrem alten Jena sein werden, so wird Ihr fruchtbarer Geist noch Jahrhunderte || Radium für unzählige Gehirne sein. Etwas Nerven wird das „Gefeiert werden“ der Excellenz kosten. Ruhm ist angreifend. Möchten Sie noch viele genußreiche Jahre vor sich haben, und das gute Herz tapfer weiter arbeiten! –

Verzeihen Sie nur hochverehrter Freund, daß ich Ihnen für Ihre lieben Zeilen vom Juni 08 noch nicht dankte. Aber Frau Sorge will nicht mehr von || meiner Schwelle weichen. Und Klagelieder wollte ich Ihnen nicht vorsingen. Jetzt verlebe ich einige Wochen des Erholens bei guten Freunden in Marburg, der Perle Hessens.

Nach den Bildern, welche die Journale bringen, finde ich Sie fast unverändert, selbst der geliebte Schöpfungshut ist sich gleich geblieben.

Gestern waren es 3 Jahre, daß mein lieber Alter die hellen Augen schloß. ||

Leider habe ich noch keinen Verleger für sein letztes Manuscript, das er mir so an’s Herz vor seinem Tode legte, gefunden.

Ein Geld-Cursbuch wird mehr verlangt, als Kantsche Ideen in unserer materiellen Zeit. –

Ob ich Sie wohl noch mal wiedersehe? Ich pflanze nach Schiller die Hoffnung noch am Grabe auf! –

Leben Sie wohl! Alles Gute wünscht Ihnen

Ihre treu ergebene

Frau Käte Besser.

 

Letter metadata

Empfänger
Datierung
15.02.1909
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 42108
ID
42108