Engelmann, Emma

Emma Engelmann an Ernst Haeckel, Leipzig, 3. Januar 1891

Hochverehrter, lieber Herr Professor!

Traurig bleibt es, unsern Lieblingswunsch nicht erfüllt zu haben, Sie in diesen Tagen hier zu treffen; aber einen schönern Trost als Ihre lieben Zeilen und das kostbare Kleinod der zauberhaften Pilzkoralle || giebt es nicht für mich! Wie soll ich Ihnen genug dafür danken! Sie ahnen nicht, wie Sie mich damit beglückt haben. Da Sie selbst – aus so vielen betrübenden Gründen – leider nicht kommen können, so wende ich also der reizenden weißen Korallen-Person meine Liebe zu || und betrachte sie als Stellvertreterin des geliebten Adoptiv-Vaters mit doppelt vergnügten und dankbaren Augen!

Beinahe wären wir auf einen Tag nach Jena gekommen; ich wollte mich schon bei den Freunden Naumann’s anmelden, um nämlich für die unglücklichen Über-||schwemmten ein Concert zu geben. Zu diesem Zweck hatte mir der vortreffliche Cellist Hausmann in Berlin schon seine Mithülfe zugesagt. Das Programm – a-dur Sonate von Beethoven und f-dur von Brahms war von uns beiden auch schon festgestellt. Dazwischen wollte er ein paar Soli spielen und ebenso ich. Leider || verhindert mich nun ein langweiliger Katarrh, diesen hübschen, mir besonders sympathischen Plan auszuführen; und Ende nächster Woche müssen wir schon wieder in Utrecht sein – schade! Wie hätte ich mich gefreut, für diesen Zweck zu musicieren und Sie unter den Zu-||hörern zu wissen! Bevor wir hierher kamen, waren wir zwei Tage in Berlin und hatten dort unsern Jenenser Plan mit Joachim und Hausmann besprochen. Ersterer war nicht frei; sonst hätte er sich auch gern bei dem Concert betheiligt. Wir haben täglich mu-||siciert und hatten das Glück, Joachim hier noch zwei Tage recht zu genießen. Nachdem er uns verlassen, kam Ihre liebe, schöne, überraschende Sendung. Ich bin doch ein rechter Glückspilz und habe alle Ursache, mich meines Lebens zu freuen. Möge es nur noch recht || lange so bleiben!

Herzlichste Grüße, lieber Herr Professor, und namenlosen Dank für Ihre Güte.

Ihre

treu ergebene

Haeckelita.

Leipzig,

d. 3/1 91.

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
03.01.1891
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 4191
ID
4191