Haeckel, Ernst

Ernst Haeckel an Adolf Heilborn, Jena, 25. Oktober 1909

Jena 25.10.09.

Lieber Herr Doktor!

Mit Bedauern höre ich, daß Ihre Erholungsreise nach Ober-Italien durch einen Trauerfall unterbrochen wurde. Hoffentlich gestattet Ihnen das schöne Herbstwetter noch einige erfrischende Tage im Harze.

Was den höchst bedauerlichen Konflikt mit meinem Amtsnachfolger Prof. Plate betrifft, so ist es sowohl aus persönlichem als sachlichen Interesse sehr wünschenswert, daß darüber Nichts in der Presse publizirt wird. Da keinerlei sachliche oder wissenschaftliche Differenz vorliegt, und da ich unvorsichtiger Weise freiwillig alle meine Rechte an Plate abgetreten habe, wird mir in keiner Weise durch eine eventuelle Publication des widerwärtigen Streits geholfen – und der Sache Nichts genützt. || Hier hatte sich Plate bereits seine ganze Stellung verdorben; sein unglaublich brutales (– von einigen Kollegen für pathologisch gehaltenes! –) Verfahren wird einstimmig verurteilt.

Das ganze Acten-Material (– insbesondere die Abschrift der 3 niederträchtigen Briefe von Plate an mich nach Baden-Baden, im Mai –) finden Sie bei meiner Schülerin Frl. Maria Holgers, Berlin W., Burggrafen-Str. 7. III.

Sie hat als meine Sekretärin mir bei den Kämpfen, die mir den ganzen Sommer verdorben haben, treulich beigestanden. (Frl. Holgers ist Rezitatorin u. Schriftstellerin, jeden Donnerstag Nachmittag 4–7 zu treffen).

Mit freundlichen Grüßen

Ihr alter Ernst Haeckel.

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
25.10.1909
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
Unbekannt
ID
41514