Ernst Haeckel an Georg Reimer, Jena, 8. November 1861
An Georg Reimer!
Jena 8.11.61.
Lieber Georg!
Der plötzliche Eintritt unverhofft günstiger Umstände in meinen akademischen Verhältnissen, über die ich Dir, da sie noch tiefstes Geheimniß sind, erst mündlich zu Weihnachten Näheres mittheilen kann, machen es mir zum dringendsten Wunsche, das Radiolarien-Werk möglichst bald zu beendigen, damit es spätestens Anfang Februar erscheinen kann. Ich möchte Dich daher freundlichst bitten, den Druck, soweit es angeht, möglichst zu beschleunigen, damit zu Weihnachten der Druck des speciellen Theiles anfangen kann, bei dessen Beginn ich selbst gern dort wäre, um auch Mehreres wegen der Anordnung zu verabreden. Das Manuscript hoffe ich bis dahin bestimmt beendigt zu haben. Um möglichst bis zu diesem Termin fertig zu werden, habe ich| von den angekündigten Collegien nur das eine, das ich bereits vorigen Sommer las und das mir also sehr wenig Zeit gekostet, begonnen und die übrigen abgesagt. Da ich außerdem jegliche Geselligkeit für diesen Winter perhorrescire, habe ich bei den langen Winterabenden in meiner kleinen Einsiedelei die schönste Zeit und arbeite täglich ein gut Stück herunter; so daß ich in der That hoffen kann, Dir zu Weihnachten den letzten Rest des Manuscripts mitzubringen. –
Nun habe ich noch eine Bitte an Dich, nämlich mir von den jetzt noch zu druckenden Bogen (von den 7 bereits fertigen wird es nicht mehr möglich sein) ein Exemplar auf starkem Velinpapier abziehen zu lassen, welches ich hier höchsten Ortes (vielmehr „allerhöchsten Ortes“!) überreichen muß. Der Grund dieser Bitte ist wichtiger, als sie aussieht! – Im Übrigen geht es mir vortrefflich.
In unseren akademischen hiesigen Verhältnissen ist durch den plötzlichen Tod des jungen Klinikers Prof. Uhle (Leubuschers Nachfolger) wieder eine bedeutende Änderung eingetreten. Dies wird Deinen Ernst interessiren, den ich herzlichst zu grüßen bitte.
Mit den herzlichsten Grüßen an die Deinigen in alter Ergebenheit Dein
E. Haeckel