Haeckel, Ernst

Ernst Haeckel an Julius Rodenberg, Jena, 30. Juni 1890

Jena 30. Juni 1890

Hochgeehrter Herr Doctor!

Da ich zu Ihrer bewährten Gesinnung ebenso volles Vertrauen habe, wie zu Ihrem ästhetischen Geschmack, ertheile ich Ihnen gern die gewünschte Ermächtigung, an dem Manuscript meiner „Algerischen Erinnerungen“ die Verbesserungen vorzunehmen, welche Ihnen im Interesse der guten Sache räthlich erscheinen; und insbesondere in dem letzten Abschnitte (IX.) zu kürzen und zu mildern, resp. die Ihnen bedenklich erscheinenden Sätze fortzulassen. ||

Es passirt mir leider öfter, daß ich in meinem Eifer für das Interesse der Wahrheit und Vernunft zu weit gehe; mir selbst liegt nicht daran, in der „Deutschen Rundschau“ – deren Unparteilichkeit ich selbst sehr hoch schätze, als einseitiger Parteimann zu erscheinen. Allerdings muß ich aber anderseits bekennen, daß gerade jetzt in Folgea meines vielseitigen internationalen Gedanken-Austauschesb mir die Verkehrtheiten unserer kurzsichtigen deutschen Colonial-Politik doppelt tadelnswerth erscheinen. ||

In der zweiten Hälfte October denke ich (– nach langer Pause –) auf einige Tage nach Berlin zu kommen, und wenn es meine Zeit erlaubt, Ihnen einen Besuch abzustatten.

Mit der Bitte, auch Ihrer verehrten Frau Gemahlin meinen Gruß zu entrichten, hochachtungsvollst

Ihr ergebener

Ernst Haeckel.

a gestr.: durch; eingef.: jetzt in Folge; b gestr.: Verkehr; eingef.: Austausches

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
30.06.1890
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
GSA Weimar
Signatur
81/ V, 1, 3
ID
40343