Ernst Haeckel an Georg II., Herzog von Sachsen-Meiningen, Jena, 13. Februar 1900
Zoologisches Institut
der Universität Jena.
Jena, den 13.2.1900.
Durchlauchtigster Herr Herzog!
Gestatten Sie mir, Ihnen und Ihrer hochverehrten Frau Gemahlin nochmals meinen herzlichsten Dank für die ehrenvolle und liebenswürdige Gastfreundschaft auszudrücken, welche Sie mir in Meiningen in den drei unvergeßlichen Tagen des 8. − 10. Februar gewährt haben. Ganz besonders danke ich noch Ew. Hoheit für das warme Interesse, welches Sie meiner hiesigen akademischen und schriftstellerischen Thätigkeit schenkten, und für die Nachsicht, mit welcher Sie die Mängel meines letzten Buches beurtheilten. ||
Der Dichter Otto Borngraeber, (Cand. theol. in Halle, Wilhelm-Str. 10) sandte mir nachträglich beifolgenden Plan zur eventuellen Kürzung seines Dramas: „Giordano Bruno – Das neue Jahrhundert“, mit der Bitte diesen Plan der Leitung der Meininger Hofbühne mitzutheilen. Ich darf Ew. Hoheit wohl bitten, nachdem Sie die Lcktüre des Manuscripts beendet haben, auf diesen Plan einen Blick zu werfen, und ihn dann zugleich mit Letzterem Herrn Dr. Richards mitzutheilen. ||
Es wäre doch schön, wenn sich das Drama aufführbar erwiese, nachdem es gekürzt und verbessert worden ist; der Autor ist zu jeder gewünschten Verbesserung bereit. Für einen jungen, jedenfalls sehr talentvollen Dichter würde die Aufführung des Stückes in Meiningen von größter Bedeutung sein. Ich selbst kenne ihn persönlich nur von dem Besuche, welchen er mir vor zwei Monaten abstattete; ich erhielt dabei einen sehr vortheilhaften Eindruck.
Die Urtheile einiger dramaturgischer Autoritäten lege ich hier nochmals bei, da sie vielleicht für Ihre Frau Gemahlin oder Herrn Dr. Richards von Interesse sind. ||
Die Rückfahrt nach Jena am Samstag Nachmittag, über den tief mit Schnee bedeckten Thüringer Wald, war sehr schön.
Herr Geh. Staatsrath Eggeling, den ich Sonntag Nachmittag besuchte und dem ich die Größe Ew. Hoheit ausrichtete, ist wieder bedeutend besser und kann im Zimmer gehen.
Indem ich Ew. Hoheit den Ausdruck meines ehrerbietigsten Dankes wiederhole, bleibe ich
in aufrichtiger Verehrung
Ihr ergebenster
Ernst Haeckel.