Konrad Deubler an Ernst Haeckel, Goisern, 10. Juli 1874
Dorf Goisern den 10t Juli 1874.
Lieber Herr Professor!
Meinen Innigsten herzlichsten Dank, für Ihren guten Rathschläge, die Sie mir vergangenen Winter bey meinen Fußleiden ertheilten. Ich bin ganz wieder geheilt, und kann nun wieder über alle Berge steigen. Professor Karl Grün ist samt seiner Frau schon über ein Monath in meinen Alpenhäuschen, und besorgt von hier die Corektur von L.Feuerbachs Nachlaß, die samt seinen Briefwechsel in 2 Bänden in Leipzig auf den Herbst erscheinen wird.
Da Sie mir in Ihrem letzten Schreiben ende August oder Anfangs September einen Besuch versprochen haben, so wollen wir mit unsern grösseren Alpen-Ausflügen auf Ihre Ankunft wartten.
Dieser Karl Grün ist wie alle vernünftigen Menschen die auf der höhe unserer Zeit stehen, || ein vertheidiger des Wissenschaftlichen Matterialismus oder besser Monismus. Er ist einer Ihrer besten Anhänger und Verehrer! Er freut sich mit mir unendlich auf Ihre Ankunft in unsern schönen Bergen.
Auch ersuche ich Sie, nicht auf Ihr Buch zu vergessen!
Von meinen Alpenhäuschen auf dem Primesberg kann ein ehrlicher Mann mit unterschlagenen Armen den Crawall in Deutschland draussen zuschauen, wie die Staatspolizey gegen die Gewissenspolizey einhaut – Es ist eine wahre „Komödie der Irrungen“.
Ich halte mir jetzt eine sehr Interessante Wochenschrift „Die Wage“ von Dr. Guido Weiß, das mich über so manches aufklärt.
Die Culturgeschichte von Hellwald habe ich mir auch angeschaft – der hat aber Ihr Weltberühmtes Buch gehörig benüzt u. ausgeblündert. || Jetzt erst in meinen alten tagen fange ich erst an aufs neue aufzuleben, und das habe ich in erster Reihe Feuerbach und Ihnen zu verdanken! Jeder Tag ist jetzt für mich ein Festtag.
Auch häte ich Sie gebetten mir früher dena Tag zu bestimmen, wann Sie beiläufig in unsern Bergen Einzutreffen gedenken.
Leben Sie wohl, bis auf baldiges Zusammenkomen auf unsern Bergen.
Ihr dankbarer Freund
Konrad Deubler.
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