Deubler, Konrad

Konrad Deubler an Ernst Haeckel, Goisern, 28. März 1874

Dorf Goisern den 28n März 1874.

Lieber guter Professor!

Sie haben mir eine grosse Freude gemacht das Sie meine kleine Zusendung richtig Erhalten und angenommen haben. Die Antiquitäten häte ich schon oft an Alterthumsforscher sehr gut verkaufen können, allein solche sachen verkauft nicht einer, der den eingebildeten Werth zu würdigen weiß. Die Sachen gehören einmahl Ihnen, Sie können damit verfügen wie Sie wollen mein Nahme hat nichts mehr damit zu thun. Ich bin mit dem Bewußtsein Ihnen eine kleine Freude damit gemacht zu haben mehr als genug belohnt!

Was einen wahrhaft frommen Christen sein Katechismus Gott und seine Heiligen a sind, das sind Sie mir! Feuerbach ist mir gestorben „denn auch Götter müssen sterben, und er war mehr.“ Jezt müssen Sie mir meinen || dahingeschiedenen Lehrer und Freund Ersetzen.

Solte mein so sehnlicher Wunsch und meine Hofnung zur würklichkeit werden, das Sie auf den künftigen Herbst zu uns komenb solten, so würde es mich unendlich freuen.

Meinen herzlichsten Dank für Ihre guten Rattschläge wegen meines bösen Fußes, geheilt wäre ich längst, aber die Geschwulst ist immer Abends sehr groß, und der linke Knöchel schmerzt mich wenn ich gehe, obschon die geheilte Wunde zwei zoll weit dafon ist. Ich bin jetzt 60 Jahr Alt und war in meinen Leben nie eine stunde krank, körperliche Arbeit und anstrengende Thätigkeit gewohnt, ein Feind von geistigen getränken bis auf den Kafee und Tobak, solte der Kafe vieleicht mir schädlich sein?

Gehe es mir in der Zukunft, wie es wolle, was ich nicht ändern kann, gehört nicht || zu meinem Ich, ob ich die paar Jährchen, die ich noch zu leben habe krum oder gerade gehe; in der Haubtsache habe ich mein Ziel ereicht! ich bin mit mir selbst und mit der Welt zu frieden, mit den wenigen Miteln, die mir zu Gebothe standen habe ich mehr ereicht, als vielle andere!

Wer die grauenhaftesten Schattenseiten des Menschlichsten Lebens mit vollem Bewußtsein 4 Jahre unter dem Auswurfe der Menschheit im Zuchthause durchlebt hat, weil er unforsichtiger weiße die Ansichten und Resultate der Naturwissenschaft eines Feuerbachs, Moleschots und Karl Vogt seinen gesinnungs genossen erklärte, in einem solchen Kopfe spiegeld sich die Welt ganz anders, als bey anderm Altagsmenschen!

Um eines häte ich Sie noch recht dringend gebeten – und diese bitte dürffen Sie mir nicht abschlagen, der Verfasser „Die Freiheit des Menschlichen Willens und die Einheit der Naturgesetze 2te Aufl.“ hat ein kleines Heft betitelt „Das Bewußtsein“ J.C.Fischer bey Otto || Wigand in Leipzig herausgegeben. Und da es als Naturforscher ganz in Ihr Fach einschlägt, so werden Sie es gewiß mit grossen Interesse lesen, da möchte ich gern Ihr Urtheil darüber wissen.

Es ist eigentlich eine Fortsetzung „Über die Freiheit des Menschlichen Willens“ aber eine so keke Broschüre wird unter den Gelehrten ein Mordspektakl anrichten.

Und wenn die 5te Aufl. Ihrer natürlichen Schöpfungs Geschichte wieder Erscheint so vergessen Sie nicht auf den nach Wahrheit suchenden, im Oberöstereich wohnenden Landmann nicht, der Sie so Hochschäzt und Verehrth.

Leben Sie wohl

Achtungsvoll Ihr dankbarer

Konrad Deubler

a gestr.: ist; b eingef.: komen

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
28.03.1874
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 3945
ID
3945