Ernst Haeckel an Agnes Haeckel, Bergen, 4. September 1869
An Agnes. Bergen 4. Sept. 69.
Liebe Frau!
Gestern Abend, nach meiner Rückkehr vom Bradesund, fand ich hier Deinen eben angekommenen lieben Brief vor, für den ich Dir herzlichst danke. Wie froh bin ich, so gute Nachricht von Dir, mein liebes Röschen, und von unserem süßen kleinen Walter-Thierchen zu haben. Hoffentlich bleibt ihr beide so wohl und wir sehen uns am 16. oder 17. Sept. in Berlin recht wohl und munter wieder!
Mir geht es wohl, obschon ich seit Wochen recht von rheumatischem Zahnweh geplagt bin. Ich bin Herzens froh, das kalte öde Nordland bald verlassen zu können. Nur noch 4 Tage bleibe ich auf norwegischem Boden, und besteige am Montag 8 Sept. das Dampfschiff, welches mich in 4 Tagen nach Hamburg fähren wird. Von dort werde ich Dir sogleich meine glückliche Rückkehr auf deutschen Boden melden. ||
Ich freue mich schon darauf, in Hamburg endlich einmal wieder in einem reinen Bett schlafen zu können, welches ich seit Christiania schmerzlich entbehrt habe. Die Norweger sind nämlich schreckliche Schmierlappen, waschen sich so selten wie Martens, und glauben genug zu thun, wenn Sie die Bettwäsche jährlich 2 mal wechseln, gleichviel, ob 1 oder 6 oder 50 Menschen in demselben Bett geschlafen haben. –
Von Flöhen wimmelt es überall natürlich, jedoch sind sie nicht so heißblütig und wild, wie die canarischen Flöhe, und daher auch leichter mit der Pincette zu fangen. –
Du, mein liebes Röschen, hättest es bei diesen Schweine Bauern, gewiß keine 8 Tage ausgehalten! Sei froh, daß Du nicht mit warst! Wie froh bin ich, bald fortzukommen, und wie freue ich mich, a Dich, b mein bestes Herz und unser süßes Kindchen bald wieder umarmen zu können.
Auf frohes Wiedersehen
Dein treuer Ernst.
N. B. Du schreibst mir natürlich doch nach Hamburg!c
a gestr.: auf; b gestr.: und; c Text weiter am Rand von S. 2: N. B. … Hamburg!