Haeckel, Ernst

Ernst Haeckel an Agnes Haeckel, Berlin, 14. April 1869

Berlin Mittwoch 14 April

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Mein liebstes Schätzchen!

Über Deinen heute Früh eingetroffenen Brief habe ich mich sehr gefreut, und danke Dir vielmals dafür; kann Dir aber nur ganz kurz heute antworten, da ich mich im schrecklichsten Trouble des Umzugs meiner Eltern befinden. Du würdest ganz schwach sein, und mir raucht der Kopf! So ein Umzug ist eine schreckliche Wirthschaft. Das neue Quartier (Victoriastr. 29 D) ist sehr hübsch und groß. Gestern und vorgestern habe ich packen helfen, einräumen, Bilder aufhängen etc. Bald sind wir nun glücklich in Ordnung. ||

Da ich meine Besuche und die Arbeiten auf der Bibliothek etc größtentheils noch nicht habe machen können, werde ich wohl erst Sonntag reisen können, und denke Sonntag um 3½ Uhr, oder vielleicht auch erst um 7½ Uhr in Jena einzutreffen. Ich hoffe sehr, Du schreibst mir noch vorher!

Bezüglich des Piqué-Kleidchens für unsern Putti meint der versammelte Geh. Verwandtschaftrath einstimmig a (nicht etwa bloß meine Mamma!) daß Du das selbst machen müßtest! Du hast ja noch Piqué liegen. || Außerdem meint meiner Mutter, Du solltest doch jetzt keine langen Kleidchen für Putti mehr machen, da er in wenigen Monaten nur kurze tragen würde. Lange Kleidchen hat er ja noch! Die Mode-Kleidchen, die man hier fertig findet, scheinen wirklich meistens mehr für die Affen im zoologischen Garten gemacht zu sein!

Ich gehe jetzt zum „offenen Abend“ zu den alten Reimers (– auch ein Vergnügen!!) und muß daher schließen. Grüße Deine Liebe Mamma u. Clärchen und gieb meinem Puttichen einen herzlichsten Kuß! Du selbst aber einen der besten von Deinem treuen

Ernst. ||

Die Eltern grüßen herzlichst! Alles ist wohl. Der Umzug ist glücklich von Statten gegangen.

Nochmals herzlichsten Gruß und Kuß, mein Herz!

Dein E.

Victoriastr. 29d parterre

a gestr.: d

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
14.04.1869
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 39015
ID
39015