Haeckel, Ernst

Ernst Haeckel an Charlotte Haeckel, Jena, 29. Juni 1884

ZOOLOGISCHES INSTITUT

Jena 29. Juni 1884.

Liebste Mutter!

Meine besten Glückwünsche zum 85sten Geburtstage haben Dir bereits vorgestern die Waldblumen gebracht, die ich mit Lisbeth am Donnerstag auf dem Forste gesammelt habe. Sie sollten Dir ein duftendes frisches Zeichen der treuen kindlichen Liebe und Dankbarkeit sein, die ich Dir immerzeit bewahre. || Wie schade ist es, daß Du nicht Deinen Geburtstag diesmal bei uns feiern kannst, wo jetzt bei Eintritt des besseren Sommerwetters wirklich die Natur herrlich ist. Ich hoffe indeß immer noch, daß Du Dich im Laufe des Sommers, oder im Herbste entschließt, noch auf längere Zeit zu uns zu kommen. Wir denken Anfang August mit Walter u. Lisbeth auf 2-3 Wochen || an den Rhein zu gehen, ich dann auch auf 14 Tage in die Schweiz, wo ich mit Gegenbaur zusammentreffen will. Von Anfang September an will ich hier bleiben. Du könntest also September und October noch recht schön bei uns verleben! –

Agnes ist leider wieder an ihrem alten bösen Catarrh mit Fieber erkrankt, eine Folge des scheußlich kalten Wetters, das wir nur 14 Tage hatten. Indessen soll die heute oder morgen wieder aufstehen. || Sie schickt Dir herzliche Grüße.

– Zur Lecture sende ich Dir Humboldts Leben. Die Anatomie ist für Heinrich dem ich für seine Briefe bestens danke. Hoffentlich geht es bei Carl auch gut, ich freue mich sehr, daß Anna sich stetig bessert.

– Gestern war der Großherzog 2 Stunden bei mir im Institut. Heute (Sonntag) Nachmittag bin ich sein Gast auf der Dornburg (- mit Orden!)

Mit besten Wünschen, liebste Mutter, und mit Grüßen an Alle, Dein

treuer alter Ernst.

 

Letter metadata

Gattung
Verfasser
Datierung
29.06.1884
Entstehungsort
Entstehungsland
Zielort
Potsdam
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 38904
ID
38904