Haeckel, Ernst

Ernst Haeckel an Charlotte und Carl Gottlob Haeckel, Villafranca, 10. April 1864

Villafranca 10. April 1864.

Liebe Eltern!

Ich sende den einliegenden Brief an Professor Braun zunächst an euch, weil ich seine Adresse in der Friedrichstr. nicht mehr genau weiß. Ihr könnt den Brief auch lesen und ich wünschte, daß ihr ihn auch Frau Weiß mittheiltet, da er gewissermaßen auch für diese mitgeschrieben ist. Ich wollte erst an sie selbst auch ein paar directe Zeilen richten. Nun ist aber der Raum zu eng geworden. Grüßt sie also recht herzlich. Ferner möchte ich Dich bitten, lieber Vater, wenn Du Braun etwa siehst, ihm für seinen ausnehmend lieben und liebevollen Brief, der mich wahrhaft erquickt hat, noch ganz besonders zu danken.

Es ist doch ein ganz prächtiger Mensch, und er hat mein Zusammenleben mit Anna völlig gewürdigt. Vorgestern erhielt ich euren lieben letzten Brief, wonach ihr meinen letzten auch nicht erhalten hattet. Der Tod vom alten Kühne thut mir für Dich, lieber Vater, recht Leid. Hoffentlich erheitert Dich die Freude, die Du jetzt an Mimmi und den Kindern im Hause hast. Wenn Mimmi noch bei euch ist, grüße ich sie herzlichst und danke ihr für ihren lieben Brief, der dem eurigen beilag. ||

In meinem Leben ist in dieser Woche keine Änderung eingetreten; doch werde ich im Ganzen immer ruhiger und fester, je mehr die angestrengte Arbeit mich zu fesseln vermag. Leider war die marine Ausbeute in den letzten Tagen nicht so reich, wie vorher, da ein heftiger Sturm, der auch viele Schiffe (unter anderem eine mächtige neue italiänische Panzerfregatte, Maria, Pia) in den Hafen gejagt hatte, das Meer stark aufgewühlt und mir die Ernte für einige Zeit verdorben hat. Doch hoffe ich in den nächsten 4 Wochen noch recht viel machen zu können. In dieser Concentration auf ein bestimmtes Arbeits- Object finde ich das beste Heilmittel gegen meinen Jammer. Ich werde wahrscheinlich ganz direct über Marseille, Lyon, Genf, Basel, Frankfurt zurückreisen und Anfang oder Mitte der Pfingstwoche in Jena eintreffen. In den letzten Nächten habe ich zum ersten Mal seit langer Zeit wieder ordentlich geschlafen, vielleicht eine Folge der Seebäder, die ich Abends genommen hatte. Diese bekommen mir sehr gut. Zu Excursionen komme ich fast gar nicht. Grüßt die Freunde und Verwandten herzlich, liebe Eltern, und schreibt bald wieder eurem armen

Ernst.

 

Letter metadata

Gattung
Verfasser
Datierung
10.04.1864
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 38576
ID
38576