Ernst Haeckel an Karl Haeckel, Jena, 16. Juli 1892
Jena 16.7.92.
Lieber Bruder!
Es freut mich zu hören, daß es Dir besser geht; hoffentlich schwindet auch die hypochondr. Stimmung bald ganz. Ich glaube es wäre gut, wenn Du als Stadtverordneter oder so etwas ein bestimmtes nicht zu anstrengendes Neben-Amt suchest, um regelmäßig etwas beschäftigt zu sein. Im Übrigen kannst Du ja Deinen Studien leben. – Zu Julius‘ glücklich bestandenem Examen gratulire ich von Herzen. Ernst geht es hoffentlich besser. ||
Wenn Du mir 3000 Mk schicken kannst, ist mir dies ganz recht. Wenn Du sie in 100 Mk-Scheinen hast, schicke sie hierher. Andernfalls können sie direct nach Berlin geschickt werden, wo ich aus der Ritter-Stiftung für Prof. Semon 3000 Mk (3 Schein a 1000) einzuzahlen habe. –
Walter ist vom Militär frei gekommen, was wir eigentlich bedauern. –
Er ist heute nach Kiel abgereist und geht auf einige Monate nach Helsingfors zum Malen. ||
Der Besuch bei Bismarck am 10. Juli war höchst interessant; die Persönlichkeit großartig und sehr liebenswürdig. 3 unvergeßliche Stunden verlebten wir dort in Kissingen. Ob er seinen Besuch in Jena ausführt, ist noch zweifelhaft. –
Die Entwicklungsgeschichte dieser Deputation, die ich allein durchgesetzt habe, ist sehr amüsant. Ich erzähle sie Dir später. An Tante Bertha schreibe ich nächstens.
treulichst Dein Ernst