Ernst Haeckel an Karl Haeckel, Jena, 18. September 1883
Jena 18. Sept. 83.
Lieber Bruder!
Zu Deinem Geburtstage sende ich Dir die herzlichsten Glückwünsche. Mögest Du das kommende Lebensjahr gesund und glücklich verleben, und vor Allem von den Sorgen befreit werden, die Dich jetzt drücken. Hoffentlich kommt unsere Anna im nächsten Frühjahr vollkommen genesen zurück. Vorläufig muß man ja zufrieden sein, daß die Nachrichten aus Davos verhältnißmäßig befriedigend lauten. Wenn Du herkommst, wollen wir die Frage wegen des Winter-Aufenthaltes ausführlich besprechen. ||
Das erhaltene Geld habe ich Deinem guten Rath folgend, vorläufig nur zur Hälfte ausgegeben, und lasse die säumigen Handwerker etwas warten.
– Wir sind nun schon bald eine Woche im neuen Hause, und im Ganzen sehr zufrieden. Die Lage ist wohl mit die schönste in Jena, ebenso die Aussicht, besonders vom Balkon. Manches ist freilich nicht so bequem, wie in der einfachen alten Wohnung. Einzelnes ist auch immer noch nicht fertig. Am Garten fehlt sehr viel. ||
Höchst ärgerlich war es mir, daß ich gerade in dieser kritischen Zeit wegen des vertretenen Fußes 8 Tage liegen muß. In 2–3 Tagen hoffe ich, wenigstens im Zimmer umhergehen und die Bücher und Malsachen ordnen zu können. Bis Ende des Monats hoffen wir mit der groben Einrichtung fertig zu sein. Auf den Besuch von Mütterchen und Dir freuen wir uns außerordentlich. Unsere zwei Logirstübchen sind sehr hübsch und werden Euch gewiß behagen. Überhaupt hat meine Frau Alles sehr behaglich und bequem eingerichtet. Von Möbeln ist bisher nichts Neues angeschafft. ||
Ihr fahrt jedenfalls am besten über Berlin, wo Mutter bei Tante Bertha übernachtet, dann mit dem Schnellzug a ¾9 Uhr ohne Umsteigen bis Grossheringen. Um 2 Uhr hier, Station Paradies! Von da zur Villa nur 2 Minuten.
– Wenn Ihr über Magdeburg fahrt (9 Uhr) müßt Ihr 2 mal mehr (in M. und Halle) umsteigen und seid erst 5 ½ Uhr hier. Richtet Euch aber doch jedenfalls auf 8 Tage ein (wenigstens!), etwa vom 6–15 Oct., damit wir Euch 2 Sonntage haben! –
Besucht uns Heinrich nicht auf der Rückreise?
− Mit herzlichstem Gruß und besten Wünschen
Dein treuer Ernst
a gestr.: 9