9. April 71
Ragusa Ostersonntag
Liebste Agnes!
Gestern haben wir nach fast dreiwöchentlicher angestrengter Arbeit unser stilles Kloster in Lesina verlassen und sind beim schönsten Wetter in 11 Stunden hierher gefahren.
Ich hatte sehr gehofft, vorher noch von Dir einen Brief zu erhalten, aber leider vergebens! Du schreibst mir viel seltener, als ich Dir! Leider werde ich mich nun wohl bis Triest gedulden müssen, da ich dorthin alle Briefe dirigirt habe und dirigiren mußte, weil die Abreise- und Ankunfts- Zeit der Dampfboote an der dalmatischen Küste eine sehr unsichere ist und auch auf den Zwischenstationen unterwegs bei kurzem Aufenthalte keine Briefe zu erhalten sind. ||
Ich bin in Gedanken täglich viel, sehr viel, bei Dir und bei unseren lieben Kindern, und sehne mich recht sehr nach Euch! Wenn ich nur wüßte, daß ihr alle drei recht wohl und munter wäret, würde mir das Herz viel leichter.
Meinen letzten Brief, den ich vor 4 Tagen abschickte, wirst Du inzwischen erhalten haben. Die letzten Tagea in Lesina waren ganz dem Packen gewidmet. Ragusa, wo wir b heute den Ostersonntag beim herrlichsten Wetter feiern, ist wunderschön und erinnert mich sehr an die Umgebung v. Neapel.
Wahrscheinlich werden wir nun hier noch einige Tage fischen und dann direct nach Triest gehen.
Ich schließe diesen Brief, damit ihn der in 1 Stunde abgehende Dampfer noch mitnimmt. Herzlichste Grüße an unsere Lieben und den innigsten Kuß, von deinem
treuen Ernst
a irrtüml.: Tagen; b gestr.: d;