Haeckel, Charlotte

Charlotte Haeckel an Agnes Haeckel, [Potsdam, vor dem 25.10.1884]

Meine liebe, liebe Agnes!

Von Herzen wünsche ich Dir Glück zu Deinem Geburtstag. Hoffentlich verlebst Du den Tag heiter und zufrieden mit Deinen Lieben. Gott gebe Dir auch ferner Gesundheit und viel Freude in Deinem häuslichen Kreis. Wenn Jena nicht so weit wäre, würde ich an keinem Festtag in Euerem Hause fehlen. Doch wir wollen uns in das Unvermeidliche schicken, und ich muß mich damit begnügen: im Geiste mit meinen beßten Wünschen bei Euch, Ihr Lieben, zu sein. || Da Dein Geburtstag diesmal auf einen Sonntag fält, hast Du hoffentlich die Freude all Deine Lieben um Dich zu haben; und ich wünsche von Herzen, daß Ihr den schönen Familientag heiter und ungetrübt mit ein ander verleben mögt. Wir werden auch Deiner im Famielienkreis gedenken, da Sonntag die Häckelsche Famielientaffel bei mir sein wird. – Ach könnt ich meine Jenenser nur auch hier haben. – – Nun Geduld muß ich nach Gottes Willen noch länger leben, so hoffe ich doch: Dich, liebe Agnes, mit Mann und Kinder bei mir zu sehn: || meine Logierstuben sind wieder alle frei, und welche Freude wird es mir machen, Euch bei mir zu haben.

Mein Brief an Dich, liebe Agnes, wird wohl etwas Wir war durch einander gehn, und da ich jetzt oft etwas vergesse, so will ich nur immer gleich schreiben, was mir grade einfällt. Ich habe durch meine Schwester Bertha Apfelkraut für Euch bestellt, und auch gebeten die Rechnung durch Bertha zu bezahlen. Da könnte nur es leicht sein, daß die Absender sich bei Euch auf Bertha beriefen, und ihr Euch bei Bertha bedanktet unnöthig. Laßt es Euch gut schmecken. ||

Sonnabend.

Schon liegt dieser Zettel angefangen, um Dir wenigstens schriftlich meinen herzlichsten Glückwunsch zu Deinem morgenden Geburtstag zu bringen, in meiner Mappe; und so gerne ich auch ein Stündchen mit Dir plaudern möchte, kann ich doch nicht schreiben, theils sind die Finger zu steif oder der alte Kopf versagt seine Dienste; nun ich kann keinen neuen bekommen, so muß ich mich mit dem alten einrichten suchen, so gut oder schlecht es geht. || Wie gerne, meine liebe Agnes, machte ich Dir zum morgenden Tag eine kleine Freude, aber ich muß auch darauf verzichten, es geht nicht. Deine Geburtstagstafel wird morgen bei mir sehr klein sein; da Karl zu morgen einer Einladung bei Herms folgt. Hahns wollen nicht kommen; Georg und Julius sind abgereist; also wird nur Marichen und Siegfried bei mir sein. – Wenn ich auch überhaupt Hahns nur selten nun sehn || werde, so freue ich mich doch, daß sie nun ihre selbständige Häuslichkeit haben werden und ich denke, es wird so für alle Theile besser sein, besonders auch für Marie, die ja mit ihrer Thatkraft gerne überall eingreift; aber das muß doch auch Maaß und Ziel haben: ich denke sie wird bei mehr Eintheilung auch mehr Ruhe bekommen. Mein Leben wird immer einsamer und stiller, nun das soll nun wohl immer das Schicksal des Alters sein. || Kann ich meinen Lieben doch nichts mehr sein, so bleibt doch die Liebe und Theilnahme für alle. –

So denke ich jetzt oft mit inniger Freude daran, daß Du, meine liebe Agnes, und Ernst Euch jetzt so recht der Entwickelung der Kinder freuen könnt. Meinerseits knüpft sich hier an die Bitte an Dich: ob Du so gut sein willst, mir zu Weihnachten, etwas für die Kinder zu besorgen, ich machte || ihnen so gerne eine Freude; leider versagen es mir die Kräfte, etwas zu besorgen, und doch mögte ich es so gerne, kannst und willst Du mir dabei behülflich sein, so wirst Du mich sehr zum Dank verpflichten, doch, meine liebe Agnes, ich will Dir von Deinem morgenden Festtag nicht zu viel Zeit nehmen. Sei mir noch herzlich gegrüßt mit Mann, Kinder, Schwester Clara und meinem lieben Heinz, und behalte lieb

Deine

alte, pumpeliche

Mutter Lotte.

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
vor 25.10.1884
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
A 36827
ID
36827