Haeckel, Charlotte

Charlotte Haeckel an Ernst Haeckel, Potsdam, 15. – 17. Juli 1878, mit Beischrift von Karl Haeckel

Potsdam 15/7 78

Lieber Ernst!

Recht sehr habe ich mich heute gefreut als Dein Brief kam, wofür ich herzlich danke. Ich habe schon mit Intresse in der Zeitung immer die Beschreibung von den weimarschen Festfreuden gelesen, und dabei immer gedacht: das wird wohl Ernst mit erleben, und ich freue mich, daß es Dir Freude gemacht hat. Freilich dachte ich nicht daran, daß mein Sohn dabei eine || Auszeichnung erhalten würde, und wenn ich dabei auch denke: Ehre, Macht und Rum [!] ist eitel, so freue ich mich doch, a darin eine Anerkennung zu finden, und wünsche Dir Glück dazu.

Karl habe ich Deinen Brief noch nicht mittheilen können, da er heute früh nach Berlin gefahren ist, und erst heute Abend heim kommt. –

Daß Agnes so viel Noth mit den neu angezogenen Mädchen hat, thut mir leid, und || ich freue mich nur, daß Ihr die Liederliche gleich habt weggeschickt. – Hoffentlich wird die Köchin sich gut einrichten. Es erfordert ja immer Mühe bis sich ein neues Mädchen einlebt; jedes Haus hat ja seine eigenthümliche Weise. –

Daß Dein Freund Almers Dich besuchen wird, freut mich, grüsse ihn von mir.

16/7

Eben war Karl einen Augenblick hier, brachte mir von Herrn Joachim die für Dich angekaufte Papiere. b Ich werde die Coupons zu Deinen übrigen legen, und || die Papiere in meinem Documentenkasten aufheben bis Du herkommst oder ich sie Dir durch Karl schicken kann. – Die 4 Schuldscheinbriefe der Westphalia, die ich von Dir hier habe, werde ich Karl mit nach Dortmund geben wegen dem nöthigen Couponbogen, später wirst Du durch Karl hören, wie Du es zu halten hast mit den Schuldbriefen, die Du in Jena hast. –

17/

Heute habe ich erst Karl Deinen Brief mitschicken können, er hat jetzt immer || viel zu thun. Er amüsiert sich über Deinen Orden, und will die Adresse schreiben. Sonst ist er wohl mit seinen Kindern, von denen augenblicklich nur Anna, Ernst und klein Siegfried hier ist; letzterer hat heute einen Augenzahn bekommen, die Zähne bekommt er rasch, ist dabei munter und sehr possierlich.

Für heute muß ich schliessen und grüsse Dich Deine liebe Frau und Kinder herzlich. Deine alte

Mutter Lotte. ||

[Beischrift von Karl Haeckel]

Herzlichen Gruß und Glückwunsch zur großen Dekoration von Deinem tief in Akten sitzenden eben aber sich Erdbeeren im Garten zum Abendbrod geplückt habenden Karl der pro Anfang August auf besseres Wetter hofft. Heute Nachmittag wieder arger Regen!

Seit 2 Todesnachrichten: der alte Onkel Mollard und Justiz Rath Steinbach’s in Magdeburg Gattin!

Am Samstag hoffe ich nach Essen zu reisen, 1ste Station in Lippstadt ||

P. S. Gestern Abend besuchte mich Poesche aus Washington mit Tochter. P. ist auf 2 Monat zur Tabaks-Ankete-Kommission von Bismarck nach Berlin berufen.

a gestr.: als; b gestr.: und

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
17.07.1878
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
A 36784
ID
36784