Haeckel, Charlotte

Charlotte Haeckel an Ernst Haeckel, ohne Ort und Jahr, 27. Dezember[1877], mit Nachschrift von Bertha Sehte

27/12

Mein lieber Herzens Sohn!

Wo kann ich anfangen, und wie Dir danken für alle Liebe, die Du mir wieder in zu reichem Masse bewiesen hast. Nach dem schönen Wein, hatte ich natürlich nichts mehr erwarttet, wurde also sehr überrascht durch den reichen Innhalt der Kiste, die äusserst stattliche Gans mit den schönen Würsten wollen wir uns munden lassen, und dabei des lieben Gäbers gedenken, doch bei ihm in Gedanken bin ich ja so jeden Tag auch ohne Gabe. Die schönen Bücher werden mich bei eintretender Muße über manche einsame Stunde wegbringen. – ||

Dann kam wieder unter Kreuzband die Gartenlaube, in der ich mit Interesse den Aufsatz gelesen, alles wie auch die Bücher bekommst Du später mit Dank zurück. Mehr als alle schönen Gaben beglückte mich der Gedanke, daß Du wieder gesund seist, und ich war dankbar erfreut, daß die gedachte Opperation unnöthig war, und Dua heiter mit Frau und Kinder das schöne Weihnachtsfest verleben würdest, wie es mir ja auch Dein eben erhaltener Brief sagt, den ich eben mit Dank erhalten habe. || Nun bitte ich Dich aber auch, mein lieber Ernst, sei vorsichtig, und beachte mehr Deine Gesundheit, als Du es b bis jetzt gethan, achte ja darauf, daß Du orndliche Leibesöffnung hast ohne zu energischen Mitteln greiffen zu müssen.

Daß Du solche Befriedigung in Deinen Arbeiten findest, ist ein großes Glück, und freut mich. Ich freue mich sehr, daß Bertha seit Sonntag bei mir ist, und leben wir traulich mit einander. Montag Abend war bei Karl Beschärung, den ersten Feiertag war || Karl mit Anna und Herman bei Liskows, wo zur Verlobungsfeier der ältesten Tochter; die andern Kinder waren alle bei mir zu Mittag. Gestern war Bertha und ich bei Karl zu Mittag, Morgen wird Karl mit allen Kindern bei mir sein, ich habe sie auf die schöne jenasche Gans eingeladen. – Die Gans hat mich amüsiert, da ich beim Einpacken der Kiste für Euch die größte Lust hatte eine Euch zu schicken, und wir so die gleichen Gedanken hatten. Für heute herzinnigen Gruß

Deiner

alten Mutter

Lotte.

[Nachschrift von Bertha Sethe]

Dir und Deinem ganzen Hause sende ich meine herzinnigsten Grüße zum neuen Jar, das Euch viel Glück Freude und Segen bringen möge! Hoffentlich sehen wir uns in demselben und bleiben uns verbunden in der alten Liebe und Treue, immer die alte Berta!

a eingef.: Du; b gestr.: bei allem

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
27.12.1877
Entstehungsort
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
A 36758
ID
36758