Haeckel, Charlotte

Charlotte Haeckel an Ernst Haeckel, Potsdam, 1. Dezember 1876

Potsdam 1/12 76.

Lieber Herzens Ernst!

Endlich wurde heute meine Sehnsucht nach Nachricht von meinen Lieben in Jena durch Deinen Brief gestilt, für den ich Dir herzlich danke. Und hierbei bitte ich Dich wiederholt, mein lieber Sohn, sage mir ja immer wie es Euch geht; ich will, das was mir im Leben zu tragen wird, offen sehn sei es Freud und Leid, Beides will ich mit denen theilen, die ich liebe. Das ist ja noch das wodurch das Leben für mich Werth erhält; und ich habe es mit Dank empfunden, daß ich immer mit den Meinigen offen || und wahr gestanden.

Deine Versicherung, daß Du wohl seist, und Walter auch das Bett verlassen hat, freut mich, nehmt ihn nur jetzt noch recht in Acht. Von Herzen wünsch ich all Deinen Lieben baldige Besserung; daß bei Lisbet das Fieber am heftigsten aufgetreten wundert mich nicht, sie scheint doch die kräftigste von Eueren Kindern zu sein, und a solchen Naturen neigen am meisten zum Fieber bei Krankheiten. Deine Agnes mag auch nur den Cartar bald abschaffen. ||

Daß Du mir die große Sendung von neulich schenken willst, ist nicht recht, doch danke ich Dir herzlich für alle Liebe, und wenn Du es durchaus nicht berechnen willst, so nehme ich es als Weihnachtsgeschenk, und bitte, mir dann nichts weiter zu schicken. –

Karl und die Kinder sind wohl, Clara geht es wohl etwas besser, aber gut ist es immer noch nicht. –

Vorgestern Abend erhielt ich von Herrn Engelmann aus Leipzig 4500 Mark für Dich, und da bin ich gestern früh gleich nach Berlin gefahren, || besorgte und besprach alles mit Herrn Joachim und hoffe, daß ich es Dir recht gemacht habe. – Dann ging ich zu Bertha, bei der ich bis Nachmittag 5 Uhr blieb. Wahrscheinlich wird Bertha zu Weihnachten auf längere Zeit zu mir kommen, worauf ich mich sehr freue. Herman und Heinnrich werden auch zu Weihnachten bei ihren Eltern sein. Die Weste von Dir habe ich Herman gegeben, der sie gerne tragen wird. Dabei fällt mir ein, als Du || hier warst, sagtest Du zu Herman: Du wollest ihm ein Mikroskop von Dir schenken, was Du nicht mehr brauchstes, und ich glaube, Du würdest ihm eine große Freude machen, wenn Du es ihm b schicken wolltest. –

Bei Heinnrich Sethe sind auch beide Kinder krank am Stickhusten, dem Curt geht es schon etwas besser, daß er seine Stunden wieder nehmen kann, die kleine Anna liegt aber noch zu Bett, und hat heftiges Fieber beim Stickhusten. ||

Grüsse Deine liebe Frau und die Kinder herzlich von mir.

Hoffentlich bleibt es an der Besserung mit Deinen Lieben; daß Ihr dann ohne Sorge und mit Dank für glückliche Genesung das Weihnachtsfest feiern könnt. –

Den Zettel, auf dem Du von der Uhr schreibst werde ich morgen an Bertha mit schicken, Du kannst dann noch näher darüber bestimmen: ist nicht in der Regel das Werk in einer ächten besser? und darauf muß man doch hauptsächlich sehn. ||

Nun gute Nacht, mein Herzens Sohn, behalte lieb

Deine

alte Mutter.

Lotte.

Muß ich Herrn Engelmann den Empfang des Geldes, das mit einigen freundlichen Worten begleitet war, anzeigen, dann bitte sag es mir. Bekomme ich hier auf kein Bescheid so nehme ich an, es genügt, daß er den Postschein hat. –

a gestr.: bei; b gestr.: bald

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
01.12.1876
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
A 36719
ID
36719