Charlotte Haeckel an Agnes Haeckel, Berlin, 8. Mai 1873
Berlin 8/5 73.
Liebe Agnes!
Deine lieben Zeilen, die mir ja sagen, daß Du mit den Kindern gesund bist, haben mich recht erfreut, wie auch durch die Nachricht, daß es unserem Ernst gut geht; und ich freue mich mit Dir, daß Ihr bald wieder vereint sein werdet, die lange Trennung wird Dir recht schwer geworden sein, solche Lebenserfahrungen gehören aber auch zu unserer Entwickelung. –
Daß ich erst heute dazu komme Dir für Dein Schreiben und den übersandten Reisebericht zu danken || hat seinen Grund darin, daß ich mich einige Zeit so unwohl fühlte, daß es mir nicht möglich war zu schreiben. Nun geht es ja wieder; und ich würde, da ich doch in den nächsten Tagen an Ernst schreibe, es jetzt nicht mehr gethan haben, wenn ich Dich nicht darauf aufmerksam machen wollte, daß bei den Reiseberichten welche fehlen: der vorletztea schließt mit der Ankunft in Piräus vom 13ten Aprill; der, den ich jetzt von Dir erhalten beginnt mit Donnerstag den 17ten Aprill in Konstantinopel. ||
Da fehlt also die ganze Beschreibung von seinem Auffenthalt in Athen. Nun wollt ich Dich bitten mal nachzusehn ob einige Blätter bei Dir sind liegen geblieben, und sie mir dann b zu schicken damit wir dann Ernst es vollständig abliefern können, da er sie doch statt Tagebuch immer schreibt. Hast Du diese fehlenden Blätter nicht bekommen, so sind welche verlohren, und das thut mir leid, da wir nun nichts von Athen gehört haben; aber besonders daß Ernst es vermissen wird. – ||
Als ich bei Euch war, versprach Ernst mir zu Pfingsten mit Walterchen zu mir zu kommen, wie ist es nun wirst Du mit Lisbetchen nicht mitkommen können; das würde mir eine große Freude sein, natürlich müßte erst der Arzt gefragt werden: ob es Dir und dem Kindchen nicht schadet, wenn Du in der Zeit reist, und ob Du das auch gerne thust, wenn es ging, würde sich sehr freuen
Deine
alte Mutter
Lotte.
Den Kindern herzlichen Kuß!
a eingef.: vor; b gestr.: nicht