Charlotte Haeckel an Agnes Haeckel, Potsdam, 20. März 1873
Potsdam 20/3 73.
Liebe Agnes!
Recht freudig überrascht wurde ich vorgestern durch das Schreiben von Ernst. Ich danke mit Dir Gott daß die Reise bis jetzt so nach Wunsch ist. Hoffentlich bekommen wir immer so günstige Nachrichten. Auch danke ich Dir für den Bericht über der Kinder Befinden; so scheint doch unsere Sorge um das liebe Mädel gehoben, und Walters Husten wird sich wohl bessern, wenn das Wetter milder wird. Grüsse und küsse mir beide Kinder und sage ihnen ich hoffe von ihrer lieben Mama bald zu hören, daß sie beide folgsam wären. ||
Beim Empfang Deines Briefes war es mir recht leid, daß Du mir gar nichts über Dein Befinden sagst. Hoffentlich geht es Dir doch jetzt besser, wenigstens wird es Dir leichter Dich darin zu finden. Wie gern wär ich Dir behülflig und es thut mir leid, daß ich Dir gar nichts sein kann; ich denke mir immer, es würde Dir leichter, wenn Du nicht immer so Deinen Gedanken überlassen wärst; die beßte Zerstreuung ist Dir wohl die Beschäftigung mit und für die Kinder; mögen sie Dir viel Freude machen. ||
Gestern früh überraschte mich meine Schwester Bertha, Nachmittags kamen auch Karl und Clara mit den Kindern hier zum Kaffe.
Von Bertha hörte ich mit Leidwesen, daß Deine Schwester Marie nicht zu Ottos Hochtzeit mit gereist, weil sie noch immer das Töchterchen nicht ohne Sorge verlassen könne. Bertha fuhr um 10 Uhr wieder nach Berlin. –
Clara ist in diesen Tagen sehr beschäftigt, da sie durch ihre Mädchen das Haus gründlich reinigen läßt, morgen soll die große Kinderstube dran kommen, da || wird Karl mit den Kindern zu Mittag bei mir sein, und wenn Clara nicht mit kommen kann, werde ich ihr durch Anna was schicken. Hast Du können Ernst von Dir und den Kindern nach Cairo Nachricht geben? Das wird ihm eine große Beruhigung sein, wenn er hört wie es Euch geht. Jetzt können wir erst wieder Anfangs Aprill nach Schmirna schreiben, und ich hoffe da hört er Gutes von Dir und den Kindern. Gott sei mit Euch allen. Mit herzlicher Liebe
Deine
alte Mutter Lotte.