Haeckel, Charlotte

Charlotte Haeckel an Ernst Haeckel, Berlin, 17./18. Januar 1872

Berlin 17/1 72.

Mein lieber Ernst!

Heute früh erhielt ich Deinen lieben Brief, der mir auch nichts Gutes von meinen lieben Kindern berichtet; alle krank gewesen, und mein liebes Putti noch; auch glaubt Ihr, daß klein Lisbeth auch die Röthlern bekommen würde, nehmt mir die Kinder nur ja recht in Acht, verpippelt sie nicht durch zu warm halten, aber hütet sie vor Zug, und das ihre Augen nicht binden, das ist bei allen Hautkrank-||heiten nöthig.

Wir haben hier recht sorgenvolle Tage: Julius ist recht krank, Bertha ist bei den Töchtern. Von Bertha bekam ich ein paar Zeilen; die Nacht war schlimm gewesen; heute früh war Julius ruhiger geworden, und Körte hatte es etwas besser gefunden, obgleich er nicht verehlt [!] hatte, daß die Gefahr noch nicht gehoben sei.

Ich erwartte heute Abend noch mal Nachricht, und || werde dann erst diese Zeilen schliessen; Gott gebe, daß es sich zum Besseren wende.

Den 18ten Mein lieber, lieber Ernst! So ist das Schwere doch über uns gekommen: gestern Abend um 12 Uhr ist mein einzig noch lebender Bruder eingeschlaffen. Die armen Kinder! und wir alle haben so viel verlohren; eine Prüffung nach der andern, und ich alte Frau, die nichts mehr leisten kann, muß alles überleben. – – – ||

Tante Bertha ist die beiden Nächte dort gewesen, und steht den Kindern treulich zur Seite. –

Eben ist unsere Clara mit Juliuschen gekommen, diesen Nachmittag wird wohl Karl auch kommen. Gott helfe uns allen tragen, was er auflegt. – Du und Agnes werden mit dem Herzen bei uns sein. Gott sei mit Euch. Sagt mir bald, wie es den Kindern geht. Deine Mutter

Lotte.

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
18.01.1872
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
A 36448
ID
36448