Haeckel, Charlotte

Charlotte Haeckel an Ernst Haeckel, Berlin, 26. April 1871

Berlin 26/4 71

Mein lieber Herzens Ernst!

Diese Zeilen sollen Dich von Herzen begrüssen zur Heimkehr in Dein Haus; denn nach Deinen gestern aus München erhaltenen Zeilen denkst Du morgen Abend anzukommen. Wie dankbar froh bin ich, daß Du die Reise glücklich beendet hast. Gott gebe, daß Du auch Deine liebe Frau besser findest als Du sie verlassen hast; und daß die Kinder gesund sind. Hat Walterchen Dich erkannt? oder thut er fremd. Sein Bildchen, || das Agnes geschickt hat, macht mir große Freude. Ach, wenn ich den lieben, kleinen Kerl nur öfter sehn könnte! –

Mit großem Intresse habe ich den Bericht Deiner Reise gelesen. Karl der gestern mit Clara zu Mittag bei uns war, hat ihn mitgenommen, aber versprochen, ihn mir wieder zuschicken.

Vater hat auf der Kartte alle Orte auf gesucht, wo Du gewesen bist. Er sehnt sich mit mir sehr nach Dir, und fragt || oft: wann kommt Ernst? – –

Gestern war der Geburtstag meines lieben Vaters, ich habe in dankbarer Liebe seiner gedacht. Das war im älterlichen Hause immer ein rechter Festtag, an dem sich alle Famielienmitglieder, die nur eben konnten, versammelten. Morgen ist der Geburtstag von Gertrude, die nun auch schon über ein Jahr todt ist.

Wenn man so alt wird, so lebt man in der Erinnerung an die Heimgegangenen meistens. ||

Vater, der wieder ziemlich wohl ist, läßt Dich herzlich grüssen; von mir grüß Deine Frau herzlich und Deinen Kindern gieb einen Kuß. –

Wenn Du einen Augenblick Zeit hast, so sagst Du wohl Deiner alten Mutter mal wie Du diea Deinigen gefunden hast. Nach den vielen Erlebnissen, die Du gehabt hast, wird Dir es sehr wohl sein in Deiner Häuslichkeit. Gott behüte Dich und die Deinen. Wie immer in treuer Liebe

Deine alte Mutter

Lotte.

a eingef.: die

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
26.04.1871
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 36407
ID
36407