Haeckel, Charlotte

Charlotte Haeckel an Ernst Haeckel, Berlin, 4. Oktober 1869

Berlin d. 4ten

October 1869

Mein lieber Herzens Ernst!

Herzlich danke ich Dir für Deinen lieben Brief, der mir ja meldet, daß Ihr, Lieben, glücklich heimgekehrt seid, und Euch wohl in Euerem Hause fühlt. Wie sehr vermissen wir Euch aber; nun das ist ja mal das Loos des Alters, daß man einsam ist, und die beste Freude ist immer, wenn man weiß, daß die Kinder sich bestreben, ihren Beruf gewissenhaft und gut auszufüllen; ||und daß sie sich in ihrem häuslichen Leben glücklich fühlen. Gott erhalte Euch das liebe, süße Kind, schreib mir nur oft, was er macht.

Daß Du die Papiere eingetragen hast, ist mir eine große Beruhigung, und ich danke Dir, daß Du es so bald gethan hast. Nun bitte ich Dich aber noch dringend: bringe Dein Rechnungsbuch in Ordnung; ich fürchte Du hast lange nichts orndlich eingetragen; wenn das ist, so bringe die Bücher || zu Weihnachten mit her, und ich will es Dir dann alles in Ordnung bringen. Wenn Du nur jedesmal, was nöthig ist, gleich ein schreibst, so ist das gar keine große Sache; bleibt es aber liegen, so giebt es lauter Verwirrung. –

Bei der Gelegenheit muß ich Dir noch eine Bitte dringend aussprechen: Du hast für Dein Institut und sonst manche fremde Gelder zu verrechnen, da mußt Du ganz sorgsam || mit verfahren, Du mußt darüber auf Heller und Pfennig Rechnung führen, und solche Gelder ganz gesondert halten, die dürfen nicht mit Dein Privateigentum zusammen kommen; mit fremdem Eigentum kann man nicht vorsichtig genug sein.−

Agnes hat nun wohl voll auf zu thun, um die 2 neuen Mädchen einzuführen, || anzuleiten; denn auf die erste Zeit kommt viel für die Zukunft an: vor allem sorgt nur, daß unser lieber Walter gut gehalten wird; und daß er nicht zu viel getragen und gefahren wird, er muß durch aus seine Glieder gebrauchen lernen und sich frei bewegen. –

Nach Euerer Abreise habe ich in der Eßstube einen grauen Damenmantel gefunden, zu dem ich || keinen Eigenthümer weiß, gehört der etwa Agnes oder hat Agnes hier einen geborgt? und von wem? bitte schreibe mir darauf Antwort, daß ich ihn zurückgebe. Habe ich Dir schon geschrieben, daß am 30sten bei Heinnrich Sethe ein Junge angekommen ist? Das Kind soll schwach sein. Beim Aufräumen meines Sekretärs habe ich mehrere Reiseberichte von || Deiner Italiänischen Reise gefunden, die ich jetzt Abends mit großem Intresse lese, wenn Du Weihnachten herkommst, will ich Dir doch solche Sachen, die ich von Dir habe, geben, die mußt Du Dir doch aufheben. Daß Ihr Mutter Huschke und Clara wohl gefunden habt, freut mich herzlich, grüsse beide von mir. –

Vater geht es besser, wir fahren wieder täglich aus, mit || dem Gehn will’s noch nicht recht, er ist auf den Füssen schwach, doch sind ja die Nächte im Ganzen besser, wir wollen hoffen, daß er sich immer mehr erholt. –

Mittwoch wird wohl Karl zum Protestantentag kommen, und Donnerstag Karl und Clara. – Nun für heute gute Nacht! Dir, Deiner Frau und Kindchen den innigsten Kuß von

Deiner

alten Mutter

Lotte.

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
04.10.1869
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
A 36353
ID
36353