Haeckel, Charlotte

Charlotte Haeckel an Ernst Haeckel, Berlin, 9. – 13. Dezember 1869

Berlin d. 9ten

December 1869.

Mein lieber Ernst!

Sehr hat mich Dein Brief erfreut, daß ich doch weiß, daß es Euch, lieben Jenenser, gut geht. Gott sei ferner mit Euch. – Mündlich habt Ihr durch Clara Huschke gehört, daß es ja bei uns gut ist, dann werden wir ja auch bald die Freude haben Dich hier zu haben, daher brauchte ich eigentlich gar nicht zu schreiben, aber ich will Dich doch noch auf einiges aufmerksam machen. 1) Wenn Du das Sommerzeug Dir willst || in Jena machen lassen, so sprich doch, ehe Du herkommst mit Deinem Schneider: wie viel er braucht zu Rock, Hose und Weste? nach berliner Elle.

Karl und Clara, die heute Abend bei Liskos sind waren den Nachmittag zum Kaffe mit Bleeks und Bertha bei uns, was mir viel Freude machte; Heinnrich war nicht ganz wohl, sonst waren die andern alle munter. –

Den 13ten. In den letzten Tagen bin ich nicht zum || Schreiben gekommen; es war so manches im Hause zu besorgen: Wäsche etc. –

Viel Sorge habe ich auch um Gertrud gehabt, die oft unwohl ist, heute geht es besser, aber im Ganzen wechselt es doch sehr. –

Gestern hatte Onkel Julius uns zu Mittag gebeten auch Karl und Clara, die den kleinen Karl mitbrachten, Bleeks und Tante Bertha waren da, es war recht gemüthlich, und hat Vater Freude gemacht. Zuletzt hatten wir noch einen rechten Schreck, es kam von Ernst Naumann die Bitte an Tante Bertha hin zukommen, da seine Mutter den Morgen so krank geworden sei; || Tante Auguste, Tante Bertha und Onkel Julius waren gleich hingefahren und hatten Elise noch ohne Besinnung gefunden, alles angeordnet und sie unter Pflege einer Wärtterin gelassen. Heute geht es besser. Du kannst denken, lieber Ernst, wie viel schmerzliche Gedanken wach wurden durch diesen Fall; ach die armen Kinder sind doch zu sehr zu beklagen, Ernst jammert mich gar sehr; und doch ist es ein Glück, daß er hier ist. – ||

Ich weiß nicht ob ich Dir schon folgendes geschrieben habe: am 28sten December wird hier von der Berlin Potsdamer Eisenbahn eine Generalversammelung abgehalten werden, und da wünsche ich, daß Du und Karl sie beiwohnen möchtet, damit Ihr Euch auch mit solchen Geschäften bekannt macht. Ihr würdet als Vertretter unserer Actien dabei sein; bis zum 23sten muß man sich dazu anmelden und ich habe schon mit Karl gestern davon gesprochen, er wird es für Dich besorgen. Nun ist aber || ob Du nicht besser thust, und schon dem 26sten herkommst? Doch lasse ich es Dir ganz frei, wie Du es am liebsten willst. Wohl wäre es schön, wenn wir Dich mit Frau und Kind hier haben könnten, doch das kann nicht sein, und ich bin ja dankbar froh, daß Du wieder häusliches Glück hast. Möge das schöne Weihnachtsfest Euch recht heiter und glücklich vergehn. Ihr werdet dem lieben Walter das erste Bäumchen || anbrennen. Gott erhalte Euch das liebe Kind.

Künftigen Sonntag soll bei Heinnrich Sethe der Kleine getauft werden. Grüsse Agnes, Deine liebe Schwiegermutter und Clara herzlich von mir, und Deinem lieben Jungen gieb einen Kuß.

Auf Dein Kommen freut sich sehr

Deine

alte Mutter

Lotte.

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
13.12.1869
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
A 36349
ID
36349