Haeckel, Charlotte

Charlotte Haeckel an Ernst Haeckel, Berlin, 20. – 22. Januar 1866

Berlin den 20ten | Januar 1866.

Mein lieber Herzens Ernst!

Unsere Briefe haben sich wieder gekreuzt. Wie freue ich mich, daß Du gesund bist, und auch über das, was Du mir von Gegenbauer und seinem Töchterchen schreibst. Hoffentlich ist die Kiste nun auch glücklich angekommen, und alles im gutem Zustande; laß Dir die Kleider nur bald machen. –

Gestern Abend war Vater in der Geographischengesellschaft, wozu er Heinrich als Gast mit genommen hatte. Es war eine besondere Sitzung, die angesetzt || war zum Gedächtniß an Barth; über dessen Leben und Wirken Coner einen ausführlichen Bericht gegeben hat. Barths Schwager Schubert ist auch hier, und hat uns heute besucht. Er bleibt einige Tage hier, und wird wohl einen Mittag zu uns kommen, er meint zwar er habe viel zu thun. –

Daß Dir, mein lieber Ernst, Deine Arbeit soviel Freude macht ist mir sehr lieb; aber mein Herzens Junge, übertreibe es nicht, und entziehe Dir nicht die Nachtruhe; wenn der Geist frisch bleiben soll, muß auch der Körper gesund erhalten werden. – ||

Für die übersandten Photographien dank ich herzlich. – Ich weiß nicht ob ich es Dir geschrieben habe, daß das große Buch nicht mit in die Kiste gegangen ist. Willst Du es gerne bald haben? so kann ich es ja allein durch die Post schicken; hat es keine Eile, so kann es ja bleiben bis zu einer späteren Sendung.

Der alte GeheimRat Sotzmann, den Vater in den letzten Jahren öfter besuchte, ist in diesen Tagen auch gestorben, morgen wird das Begräbniß sein, wozu Vater gehn will. Dies ist ein glücklicher Tod; da der || alte Mann schon seit längerer Zeit nur noch vegetierte. Als Häckel vor vielen Monathen zuletzt dort war, kam er sehr betrübt über dessen elenden Zustand zurück. –

Sonntag

Gestern wurde ich beim Schreiben gestört; nun will ich dies Blättchen noch bis morgen liegen lassen, da ich hoffe, Dein Junge schreibt vielleicht heute zum Sonntag und ich bekomme dann morgen Nachricht. – Wir sind seit mehreren Tagen wieder recht in Sorge um Bertha; deren Zustand || sich sehr verschlimmert hat; wir dürfen wieder nicht zu ihr. Du kannst wohl denken, welche Sorge und Angst ich habe. Gott gebe eine glückliche Wendung. In Landsberg hat Heinnrich die Windpocken, das ist ja keine gefährliche Krankheit, und wird hoffentlich gut vorüber gehn; nur wird es wohl für unsere Herrmine eine Geduldsprobe sein; denn wahrscheinlich bekommen nun die drei Kleinen auch die Windpocken. –

Die Großen haben sie wie mir däucht schon gehabt. − −

Dein Schwager Heinrich ist gestern nach Frankfurt gefahren, und denkt heute Abend oder morgen früh zurück zu kommen. Mutter Minchen will ihm die Verwaltung ihres Vermögens übertragen. − −

Montag.

Heinrich brachte mir heute beifolgenden Brief, den ich Dich bitte aufzuheben, wie ich es auch mit den frühren an mich gethan. So weit ich es verstehe, sind lauter Widersprüche drin; ich glaube man läßt jetzt die Sache auf sich beruhen, und bespricht es mündlich, wenn Du Ostern hier bist. – Schreibe es bald. Bertha soll es heute etwas besser gehn.

[Briefschluss fehlt]

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
22.01.1866
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
A 36285
ID
36285