Haeckel, Charlotte

Charlotte Haeckel an Ernst Haeckel, [Berlin, 1./2. Januar 1856]

Mein lieber Herzens Ernst!

Mein erstes Geschäft im Neuenjahr ist der Anfang dieses Briefes. Gott schenke Dir viel Gutes, und gebe Dir Kraft, daß Du mit seinem Seegen die guten Vorsätze durchführst. Wie viel, mein Herzens Sohn bin ich im Geiste in diesen Tagen bei Dir gewesen, und trotz aller äußern Unruh habe ich mich doch immer mit Dir beschäftigt, wenn ich wohl nicht zum Schreiben kommen konnte. Vor allem habe herzlichen Dank für Deine Liebe, auch für die schönen Gaben, die Du uns || geschickt. Dein Paket kam am ersten Feiertag an, den Brief laß ich gleich, a die schönen Sachen wurden aber erst in Gemeinschaft mit Vater, Karl und Hermine ausgepackt, und machten uns große Freude; b jede Gabe war ja ein Gruß der Liebe; nun habe schönen Dank. Gestern kam Dein lieber Brief; für Deine Wünsche zum Neuenjahr herz innigen Dank. Wie freue ich mich, daß ich in demselben Dich wieder bei mir || haben werde; wie leid thut es mir, daß Du unsere Weihnachtsgabe so spät erhalten hast; das ist doch zu arg wie lange das gegangen ist. Wenn Du wieder schreibst, so bringe doch Deinen Dank an Gertrude für die Deskaer mit an. Den 2ten Januar

Da ich sehe, daß Vater Dir nicht wie er wollte geschrieben hat wie die unruhigen Tage vergangen sind, so will ich versuchen, ob ich Dir noch ein flüchtiges Bild davon geben kann: Mittwoch vor dem Feste kam || Hermine mit den beiden Jungen, Donnerstag Karl, Sonnabend die Stettiner, Christian und Minchen wohnten bei Gertrude; Bertha und Anna bei Bertha, Heinrich bei Karl; Petersen war auch hier. Sonntag assen alle bei uns; Montag war bei uns der Aufbau in meiner Stube, Abends gab es in der Eßstube Heringssalat und Pfannkuchen mit Punsch. Dienstags waren sie zu Mittag wieder alle bei uns, dazu Naumanns und die Jacobi; || Abends waren wir bei Bertha; den 2ten Feiertag waren wir zu Mittag bei Onkel Julius Donnerstag assen sie zu Mittag bei uns; Julius, Adelheid und die beiden Söhne waren mit hier. Abends war bei Gertrud große Gesellschaft.c Freitag den 29sten waren wir Abends bei den Jakobis. Zu Mittag waren Häckel, Karl, Hermine und ich bei Weissens, die ihren 40 jährigen Hochzeitstag feierten, es war sehr nett, Ernst Weiß und sein Bruder Moritz waren mit Beyrichs dort. Ich brachte Ernst Deinen Brief etc mit und Weissens schenkte ich ein Bild von Vater, worüber sie sich sehr freuten! – Sonntag waren Weissens zu Mittag bei uns auch Ernst und Moritz, es war recht nett. Abends waren wir alle bei Julius. – d Montag war Abends bei Tante Bertha Bescherung, die ganze Familie war versammelt. Dienstag früh fuhr Karl ab; zu Mittag assen die Stettiner bei uns, die abends 5 Uhr wieder weg fuhren; heute um 12 Uhr Hermine mit den Jungen; diesen Abend zieht Luise ab und das neue Mädchen kommt; also genug zu thun, daher mein flüchtiges Schreiben. Sei nur noche auf das innigste gegrüßt von Deiner alten Mutter, die wünscht, daß Du sie lieb behältst.f Die beiden Heins und Lachmann, wie auch Ernst und Moritz Weiß machten gestern hier Neujahrsbesuch, alle grüßen Dich.

a gestr.: daß; b gestr.: im; c eingef.: Abends war … große Gesellschaft.; d gestr.: Sonnabend; e Text weiter auf dem linken Rand von S. 3 (Br. 95): neue Mädchen … nur noch; f Text weiter auf dem linken Rand von S. 2 (Br. 95): auf das … lieb behältst.; g Text weiter auf dem linken Rand von S. 1 (Br. 95): Die beiden Heins … grüßen Dich.

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
02.01.1856
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
A 36140
ID
36140