Haeckel, Charlotte

Charlotte Haeckel an Ernst Haeckel, Berlin, 28. – 31. Dezember 1852

Berlin 28/12 52.

Mein lieber Ernst!

Herzlichen Dank für Deinen lieben Brief und die schöne Zeichnung, beides hat mir große Freude gemacht; ja um so mehr, da ich wirklich schon recht in Sorge war, weil wir so lange keine Nachricht von Dir hatten. In Gedanken waren wir in den Tagen immer mit unseren lieben Kindern beschäftigt; aus Ziegenrück kam Donnerstag ein kleines Kistchen an mit Briefen, und von Hermine für mich ein paar gestickte Aermel, für Tante Bertha einen Stich, und selbst gebackene Moppen. Nun dachte ich || bestimmt Heiligabend einen Brief von Dir, mein lieber Herzens Sohn, zu bekommen, der blieb aber aus, und ich hörte, daß in Würzburg zwischen Studenten und Officieren was vorgefallen wäre, da machte ich mir freilich große Sorge; um so froher war ich nun als am ersten Feiertag früh Dein lieber Brief mit der Zeichnung ankam. Es ist ja recht fatal, daß die Zähne Dir soviel zu schaffen gemacht haben; da Du in dem heute angekommenen Brief nichts davon erwähnst, so hoffe || ich es ist nun ganz gut. – Daß Dir Berghaus Physikalischer Atlas Freude machen würde, dachte ich mir wohl, Du hast es aber in keinem Briefe gesagt, daß Du ihn Dir wünschtest, ich wußte es nur von fern her; Hauchekorn hat ihn uns besorgt; und als ich im dankte für seine viele Mühe, meinte er, es sei ihm eine große Freude, daß er etwas für Dich thun könne. –

Ich habe nun schon zu Vater gesagt das Geld, was Du schon zu dem Zweck gesammelt hast, kann nun zur || Anschaffung eines Mikroskops später verwendet werden.

Wie sehr freute es mich, daß Du Heiligabend beim Professor Schenk warst; die sind wirklich recht artig gegen Dich. Nun muß ich Dir doch berichten, wie wir hier das Fest verlebt haben. Freitag den 21sten kamen die Stettiner (da fällt mir eben ein, ich glaube wir haben es Dir noch gar nicht geschrieben, in Posen ist ein Töchterchen angekommen, Helehne und das Kind sind wohl, Minchen reiste hin, und so entschloß sich Christian mit den Kindern her zu kommen. || Nachmittags [kamen sie] hier an, und nachdem sie bei uns Kaffee getrunken hatten, überraschten sie Vater, Christian und Karl wohnen bei uns, Bertha und Anna bei Vater. –

Abends baute ich hier für Mine auf, dann ging ich zu Vater, baute für alle etwas auf, Theodor hatte den Baum ausgeputzt. Zum Abendbrot hatte ich kalten Hecht mit Sauce, Kuchen und Punsch; alle waren sehr vergnügt; als wir am Abendbrot waren, kam noch ein kleines brennendes Bäumchen, woran für jeden ein Scherz aus der Groschensbude mit einem Vers hing, Theodor und Heinrich hatten es mit Tante Bertha fabricirt. || Den ersten Feiertag aß Christian mit seinen Kindern, Bleeks und er Naumann hier, Tante Adelheid u. Elise wie Gertrude hatten es abgesagt. –

Den 2ten Feiertag hörten wir um 11 Uhr eine sehr gute Predigt von Jonas in der Klosterkirche; zu Mittag waren wir bei Vater; Abends waren wir alle bei Julius. – Montag aß Christian mit seinen Söhnen hier, und gestern Mittag alle. – Heute den 30sten b sind wir alle zu Mittag bei Naumanns, Ernst ist auch hier, und erkundigte sich sehr nach Dir. – ||

Morgen Mittag werden alle bei uns essen, und Abends wird der Aufbau beim Großvater sein. –

Freitag früh. So gerne ich noch mehr mit Dir geplaudert hätte, so kann ich doch nicht mehr ich erwartte meine Gäste. ||

Gott gebe, daß das heranrückende Jahr für Dich reich an seinem Seegen sei, er schenke Dir Gesundheit und frischen frohen Muth, und Vertrauen zu den Dir von Gott verliehenen Gaben, behalte lieb Deine Mutter

a gestr.: war; eingef.: aß; b eingef.: den 30sten

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
31.12.1852
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 36115
ID
36115